Der Kopenhagen Akkord im Test

Die Abschlusserklärung vom Klimagipfel in Kopenhagen, der so genannte Kopenhagen Akkord, hat der Welt drei konkrete Zahlen beschert: die globale Erwärmung soll auf 2 Grad beschränkt werden; für die Jahre 2010 bis 2012 werden 30 Mrd. US-Dollar „Quick-Start-Finanzierung“ bereit gestellt; bis 2020 sollen 100 Mrd. US-Dollar Finanzen für Klimaschutz und Anpassung in den Entwicklungsländern aufgebracht werden. Weiters hatte der Akkord vorgesehen, dass alle Länder bis 31. Janur 2010 eine Selbstverpflichtungserklärung für ihr nationales Emissionsreduktionsziel beim UNFCCC Sekretariat einreichen sollten.

Diese Deadline wurde zugleich als Test betrachtet. Denn der Kopenhagen Akkord wurde ja nicht einstimmig angenommen; es ist daher unklar, ob er von der Staatengemeinschaft überhaupt als Arbeitsgrundlage für die weiteren Verhandlungen behandelt wird. Hat der Kopenhagen Akkord den Test bestanden? Wenn ja, dann höchstens mit schlechter Note, ließe sich zusammenfassen.

Etwa 100 Ländern, nämlich den am wenigsten entwickelten Staaten und den kleinen Inselstaaten, war es freigestellt, sich bis 31. Januar bei Klimasekretariat zu melden. Alle anderen Länder aber hätten sich aufgefordert gefühlt sollen, namentlich auch die Schwellenländer. Nur 55 Länder haben ihre Emissionsreduktionsziele (Industrieländer) bzw. Klimaschutz-Maßnahmen (Schwellen und Entwicklungsländer) eintragen lassen; einige Industrieländer (z.B. Schweiz) aber auch einige der wichtigen Schwellenländer (z.B. Mexiko, Maylasia) haben keine Angaben gemacht; mit Argentinien, Kolumbien, Chile und Papua Neuguinea haben vier weitere Länder, die in der letzten Nacht im kleinen Kreis den Kopenhagen Akkord ausgearbeitet hatten, ebenfalls die deadline nicht eingehalten. Warum nicht – verschlafen, oder kein Bock?

Was die Höhe der Ziele betrifft, hat das 2 Grad Ziel des Akkords offenbar keine neue Dynamik ausgelöst. Alle 55 Länder haben nur die Ziele eintragen lassen, die ohnehin schon bekannt waren. Es hat keinerlei Bewegung gegeben, die Latte ein kleines Stück höher zu hängen. Da sind mit Costa Rica und den Malediven weiterhin die guten Beispiele, weil die beiden Länder völlige Klimaneutralität anstreben. Andere Länder wie Indien oder Südkorea haben vergleichsweise ambitionierte Klimaschutzpläne aufgestellt (siehe hierzu auch die Seite der Climate Action Tracker). Die Ziele der EU, ganz zu schweigen aber der USA sowie auch weiterer Industrieländer sind aber nach wie vor völlig unzureichend.

Quelle Tabelle: Policy Paper vom World Ressource Insitute

Auch China hat sich nicht weiter bewegt. Sie halten vorläufig an dem Ziel einer 40-45%igen Reduktion der Emissionsintensität bis 2020 gegenüber 2005 fest, das sie schon einige Wochen vor Kopenhagen aufgestellt hatten. Ein Ziel im übrigen, was sich zwar ganz gut anhört, letztlich aber nichts weiter als business-as-usual darstellt. Mit solchen Effizienzsteigerungen darf ohnehin gerechnet werden.

Warum eigenlicht, so frage ich mich als Beobachter im Nachhinein, wurde als deadline der 31. Januar gewählt? Oder anders gefragt: war in der letzten Nacht von Kopenhagen nicht längst abzusehen, dass sich die Welt erst einmal vom Schock des Scheiterns erholen muss, bis möglicher Weise eine neue politische Dynamik aufkeimen kann? Warum wurde nicht lieber der Juni als deadline gewählt – um Druck für eine mögliche Ministerkonferenz in der Mitte des Jahres aufzubauen? Müßig, darüber zu spekulieren. Vielleicht haben sich jene Verhandler, die sich in den letzten Stunden überhaupt noch mit solchen Details beschäftigen können, erhofft, durch eine möglichst nahtlose deadline (sechs Wochen nach Ende des Klimagipfels) das politische momentum nicht zu verlieren. Jetzt werden sie aber von der Realität eingeholt: Erstmal war Weihnachten, dann Neujahr, dann das große Rätseln wie es weiter gehen soll – und schupps, ist defr 31. Januar. Und die Welt ist so schlau als wie zuvor. Oder leider eher: sie ist so ratlos als wie zuvor, wie ein gefährlicher Klimawandel noch verhindert werden kann.

Eines höchstens hat die deadline 31. Januar bewirkt: dass die Länder nun wieder zur Tagesordnung übergehen. Denn klar ist: the show must go on! Es muss weiter verhandelt werden! Das immerhin, so haben es wenigstens 55 Länder gesagt, soll auch geschehen.


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