Töne aus Bonn – Wie weiter mit den Klimaverhandlungen?

Der Klimazirkus trifft sich diese und nächste Woche wieder in Bonn, um bei den sogenannten „Intersessionals“ (also den Treffen zwischen den großen Klimakonferenzen, den COPs) weiter um Grundsatzfragen der zukünftigen Weltklima-Architektur zu ringen. Bei der Auftaktrede von UNFCCC Executive Secretary Christiana Figueres gab es schon mal schlechte Nachrichten:

  • Die CO2 Konzentration in der Atmosphäre ist auf einem neuen Rekordhoch, weil nach dem leichten Dämpfer dank der Krise im letzten Jahr wieder der „Aufschwung“ die meisten Länder beglückte. 395 ppm sind es jetzt. Kampagnen fordern hingegen schon jetzt eine Umkehr auf 350 ppm. Es wird eng.
  • Wir werden so viel CO2 in die Atmosphäre pusten, dass wir nicht nur die Emissionen auf ein Minimum herunter fahren müssen, sondern wir müssen sogar wieder was aus der Atmosphäre heraus holen. Das wussten wir vorher, aber Figueres fordert „more powerful technologies to capture emissions out of the atmosphere,“ und gibt selber zu: „We are getting into very risky territory,“ (Quelle: Guardian). Meint sie damit nur Aufforstung, oder hochriskante Experimente mit unseren Erdsystemen? Sollte das jetzt noch in den Aufgabenkatalog der UNFCCC rutschen, dann kann das ganze Regime wohl endgültig als überladen begraben werden.
  • es ist laut Figueres nahezu unmöglich, noch pünktlich ein Nachfolgeabkommen für das Ende 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll (oder zumindest eine zweite Verpflichtungsperiode) zu beschließen. Die Ratifizierung von solchen Verträgen dauert erfahrungsgemäß einfach zu lange (SpON).
  • und die schlechteste Nachricht: es hat sich auch sonst wenig geändert im Klimakarussell.

Was können wir also erwarten? Meine persönliche Einschätzung ist düster – und kann sich somit eigentlich in den nächsten Tagen aufheitern: Es wird wohl wieder um eine Menge Detailfragen gehen, welche in Kompromissen enden, die JournalistInnen und interessierte Öffentlichkeit nicht mehr klar als Fortschritt oder Rückschritt einordnen können. Die Frustration über die Schmach von Kopenhagen wird bei den Menschen auch nicht weichen, wenn die Formel „wir müssen unter 2°C bleiben und wissen das ja auch alle“ ständig wiederholt wird. Die politische (und gesellschaftliche) Praxis in fast allen Staaten ist leider diesem hehren Ziel diametral gegenüber gestellt. Die alten Konflikte zwischen denen, die „mehr Markt“ (z.B. den CDM) wollen auf der einen Seite, und denen, die dem die „Klimagerechtigkeit“ entgegenstellen existieren zwar in den Detailverhandlungen immer noch. Doch so lange die USA keinen gesellschaftlichen Konsens für mehr Klimaschutz finden, so lange China nicht einsieht, dass es unmöglich dem westlichen Wachstumsmodell folgen kann und darf, so lange Japan/Russland/Kanada das Kyoto Protokoll – gleichzeitig heilige Kuh für die BASIC-Staaten – beenden wollen und so lange Deutschland seine Klimazusagen mit der Entwicklungshilfe verrechnet, so lange sind die Kleinkriege in Bonn dem Klima herzlich egal. Mal schauen, ob wir zwischen den Details das ein oder andere Signal für größere Entscheidungen – frühestens in Durban bei der COP-17 – heraushören können…


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