Zum Weltbankbericht „Inclusive Green Growth“

Wenige Wochen vor der Rio2012-Konferenz ist das Thema Grüne Ökonomie in aller Munde. Umfassende Berichte haben bisher vor allem UNEP und die OECD vorgelegt. Nun ist der lang erwartete Bericht der Weltbank da mit dem Titel „Inclusive Green Growth“. Doch auch wenn sich die Weltbank in die anderen Berichte einreiht und behauptet, die würden alle die gleiche Botschaft haben, so gibt es zwischen ihnen doch erhebliche Unterschiede. Nicht zuletzt den, dass UNEP von „Grüner Ökonomie“ und die OECD und Weltbank von „Grünem Wachstum“ sprechen. Eine Analyse der verschiedenen Konzepte hat Barbara Unmüßig hier vorgenommen.

Hier soll es nun konkret um ein paar Anmerkungen, Überlegungen und Bewertungen zum aktuellen Weltbankbericht gehen. Dabei ist es wichtig zu verstehen, wer die Hauptzielgruppe des Reports ist: Es geht um die Regierungen der Entwicklungsländer und ihre Berater/innen, die davon ausgehen, dass arme Entwicklungsländer zunächst einmal das Recht auf Entwicklung haben, egal, wie CO2- und ressourcenintensiv diese ist, und sich nur die reichen Länder eine Grüne Ökonomie leisten können. Diesem Irrglauben mit klaren Argumenten, Zahlen und vielen positiven Beispielen entgegenzutreten, ist ein wichtiger Beitrag zur aktuellen Debatte.

In diesem Kontext z.B. verbuche ich positiv, dass sich die Weltbank intensiv mit der Frage auseinandersetzt, wie in Entwicklungsländern Subventionen für fossile Energie abgebaut werden können, ohne die Armen zu belasten und zu sozialen Verwerfungen und Konflikten beizutragen (beispielsweise durch plötzlich ansteigende Nahrungsmittelpreise, die vom Öl-/ Benzinpreis abhängig sind). Ebenso wichtig ist die Betonung der Dringlichkeit unseres Handelns – dass wir es uns nämlich nicht leisten können, weitere Jahre oder gar Jahrzehnte falsch zu investieren, da Biodiversitätsverlust und Klimawandel irreversibel sind. Hier betont die Weltbank auch zum Glück noch einmal die historische Verantwortung der Industrieländer. Fast schon überraschend – auch angesichts des Portfolios der Weltbank insgesamt – ist die klare Verdammung von Teersanden, Schiefergas, Tiefseebohrungen und Kohleverflüssigung als Irrweg aus der jetzigen Energiekrise.

Was fehlt im Bericht? Leider doch Entscheidendes, darunter z.B. klare Ziele für Emissionsreduktion, Biodiversitätsschutz, Ressourceneffizienz oder Abfallvermeidung. Der Dringlichkeitsappell verhallt damit in der Leere. Ebenfalls fehlen klare Ansagen darüber, welche Technologien nicht nur grün, sondern auch sozial und ökologisch akzeptabel sind. Damit einhergeht der auch in anderen Reports (siehe z.B. hier) gemachte Fehler, die Debatte um die Grüne Ökonomie nicht mit dem Menschenrechtsregime in Einklang zu bringen. Die Tatsache, dass sich eine Institution wie die Weltbank zudem in diesen Fragen geschlechterblind bewegt, ist nahezu fatal.

Ein weiterer struktureller Fehler im Report, der vielleicht nicht gleich auffällt, wenn man nicht genau hinschaut, ist das Unverständnis (oder gar der gezielte Missbrauch?) des Begriffs der Commons / Gemeingüter.  Auch nichts Neues in der Grünen Ökonomie-Debatte. Davon ist z.B. auch UNEP nicht frei. Die These heute (und auch schon 1968 bei Hardin): Natürliche Ressourcen als Commons werden ausgebeutet, weil alle Zugang haben, sie „niemandem gehören“ und folglich niemand sich darum kümmert, sie zu erhalten.“ Die Antwort der Ökonomen heute: Privatisieren, Ökosystemdienstleistungen bepreisen und in einigen Fällen auch gleich als Finanzmarktprodukte auf globalen Märkten handelbar machen. Die lebendige Gemeinschaft der Commons-Befürworter/innen heute hat da ganz andere Analysen und Antworten. Nachzulesen z.B. im neuen Buch „Commons – für eine neue Politik jenseits von Markt und Staat“ oder auch im Blog von Silke Helfrich.

Immerhin aber, könnte man sagen, setzt sich der Bericht der Weltbank mit der Kritik am Wachstumsmodell auseinander. Auch wenn die Gegenargumente etwas schwach auf der Brust daherkommen, so ist da immerhin eine Anerkennung der Notwendigkeit dieser Debatte erkennbar. Reicht das? Leider nicht, fürchte ich. Und doch ist angesichts der ungebremsten Mächtigkeit des Business as Usual-Modus insgesamt jeder Tropfen notwendig, um den Stein zu höhlen.


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