Naturschutz vs. Klimaschutz

Heute beginnt in Bonn die 9. Vertragsstaatenkonferenz der UN-Konvention zum Schutz der Biologischen Vielfalt, vom BMU auch als UN-Naturschutzkonferenz bezeichnet. Die Biodiversitätskonvention ist sozusagen die Zwillingsschwester der Klimarahmenkonvention, unterzeichnet wie diese beim „Erdgipfel“ 1992 in Rio de Janeiro.

Zwischen Naturschützern und Klimaschützern besteht in den Umweltorganisationen nicht immer bloße Eintracht. Der Naturschutz ist historisch älter, einer der großen Ursprünge der Umweltbewegung. Für Naturschutz wird viel gespendet, und Naturschützer sind ihre stärksten Organisationen, an Mitgliedern und Finanzen gemessen. Naturschutz heisst englisch „Conservation“, und wohl nicht ganz zu Unrecht wird Naturschutzorganisationen ein politisch eher konservativer Zug zugeschrieben.

Der Klimaschutz baut sehr viel stärker auf dem Umweltschutz in Industriegesellschaften auf. Er beschäftigt sich vorrangig mit Energie, Verkehr, Industrie, unserer gebauten Umwelt, und ist damit stärker der modernen Umweltbewegung entsprungen, die sich in den 70er Jahren in der Auseinandersetzung mit Atomkraft, Chemierisiken, Verkehrslärm etc. gebildet hat. Diese Bewegung hat sich politisch häufig gesellschaftskritisch und links verortet.

Hört man sich unter Naturschützern um, dann spürt man hier und da etwas Neid auf die große mediale Aufmerksamkeit, die der Klimaschutz gerade im vergangenen Jahr erfahren hat. Alles redet vom Klima, und wo bleiben wir?

Umgekehrt blickten die Klimaschützer oft etwas neidvoll auf die vergleichsweise umfangreichen Strukturen an Personal und Finanzen, die für Naturschutz zur Verfügung stehen.

Und dann gibt es schon jetzt hier und da Konflikte zwischen Naturschutz und Klimaschutz. Z.B. beim Ausbau erneuerbarer Energien, sei es Windkraft, Wasserkraft oder Biogas. Diese Konflikte, so erwarte ich, werden zukünftig eher noch zunehmen. Eine Herausforderung für die Umweltbewegung, diese konstruktiv zu bewältigen.

Dennoch bin ich optimistisch, dass dies gelingen kann. Denn trotz aller Konflikte gilt:

Kein Naturschutz ohne Klimaschutz!

Wenn es nicht gelingt, den Klimawandel zu begrenzen, dann ist ein Artensterben in größtem Ausmaß zu erwarten. Die Verschiebung der Klimazonen geht dann so rasch, dass es für viele wenig mobile Arten unmöglich werden wird, hier mitzuhalten. Besonders gefährdet sind Korallenriffe, Insel-Ökosysteme, und endemische Arten in den Hochlagen der Gebirge, die dort nach oben nicht ausweichen können. Das US Innenministerium hat letzte Woche den Eisbär auf die Liste der gefährdeten Arten genommen, aufgrund des Klimawandels.

Aber auch der umgedrehte Satz ist gültig:

Kein Klimaschutz ohne Naturschutz!

Wälder, Moore und Böden speichern große Mengen an Kohlenstoff. Ihre Zerstörung und Degradation setzt sehr viel CO2 frei. Wenn wir dies nicht stoppen, wird es nicht gelingen, den Klimawandel aufzuhalten.

Die Biodiversitätskonvention hat bisher sich als recht zahnlos erwiesen, um die weltweite Waldzerstörung aufzuhalten. Nun richten sich die Hoffnungen der Waldschützer auf die Klimakonvention. Sie soll die Mittel für einen effektiven Waldschutz liefern. Ein erneutes Minenfeld zwischen Naturschützern und Klimaschützern: Wenn dies schlecht geregelt wird, dann könnte dieser Plan am Ende dazu führen, dass wir das Ziel verfehlen, den Klimawandel unterhalb der kritischen Schwelle von 2 Grad Erwärmung über vorindustriellem Niveau zu halten.

Und doch sind Naturschützer und Klimaschützer aufeinander angewiesen. Denn weiterhin gilt:

Kein Naturschutz ohne Klimaschutz! Kein Klimaschutz ohne Naturschutz!

Hinweis: Zwei Artikel zum Biodiversitätsgipfel bietet boell.de:
Artenvielfalt in Gefahr und Neue Etappe in Bonn, beide von Barbara Unmüßig
Webdossier Biodiversität / Klima und Wandel in Amazonien