Das IPCC und die Medien…

Viel wurde geschrieben in den letzten Monaten über den Weltklimarat (IPCC), und sicher noch viel mehr wurde geredet. Wobei heutzutage ja jede spontane – oft persönliche – Stimmungsbekundung anscheinend gleich in ein Blog mündet.

Pachauri vor der UN Generalversammlung in New York (Bild vom IPCC)
Pachauri vor der UN Generalversammlung in New York (Bild vom IPCC)

Dies hat gerade das IPCC erfahren müssen, welches eine Breitseite nach der anderen von Klimaleugnerinnen und Klimaskeptikern abbekommen hat. Doch leider stellt sich das so wichtige und nach wie vor renommierte Klimagremium nicht immer schlau dabei an, mit der Öffentlichkeit bzw. den Medien umzugehen. So gab das Büro des IPCC rund um dessen Vorsitzenden Rajendra K. Pachauri den 831 Wissenschaftler_innen des nächsten „Assessment Reports“ einen Brief, in dem sie angehalten werden, „Distanz zu den Medien“ zu nehmen und Interviewanfragen lieber gleich an den vorgesetzten Chef weiter zu leiten – so berichtet zumindest der prominente Öko-Blogger der New York Times, Andrew Revkin. Pachauri klärte dies in einer Mail an Revkin auf: er meine nichts anderes, als dass Einzelne nicht für das Ganze (den IPCC) sprechen dürften. Jeder darf natürlich individuell zu seinem oder ihrem Fachgebiet etwas sagen, aber Aussagen über mögliche Ergebnisse des nächsten IPCC-Reports wären „unangebracht und frühreif“.

Edward Carr bemerkt folglich richtig in einer Antwort an Revkin, dass ein einfaches „Bitte nicht im Namen des IPCC sprechen!“ sehr viel diplomatischer gewesen wäre. Zudem wurde den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ein Papier zugesandt, welches sie über den Umgang mit den Medien aufklären soll. Darin enthalten waren nicht nur „Fakten“ über Journalisten (z.B. überarbeitete, unterbezahlte Skeptiker), sondern auch eine Liste von Wörtern, die in den Medien oft anders wiedergegeben werden als ursprünglich (wissenschaftlich) gemeint. Darunter sind z.B.: Aerosol, Literatur, Risiko, Ozon, Fehler, Trend, THC (sic!), Organisch, Theorie, Ökologie, PDF (sic!!) und Review. Bei dieser Bandbreite an Themen, über was soll dann bitte noch ein Interview gehen: die Fußball-WM?

Der IPCC wurde wiederholt in Verfahren von Fehlern entalstet (hier, hier und hier) und sollte den langsamen „Aufschwung“ – d.h. das Nachlassen der öffentlichen Kritik und die etwaige Rückgewinnung verlorenen Vertrauens – nicht durch solche vielleicht richtig gemeinten aber etwas tollpatschigen Aktionen gefährden (denkt übrigens auch TIME).

Das Verhältnis von Wissenschaft und Medien war schon immer schwer. Zuletzt widmete sich das Deutsche Welle Global Media Forum mit der Thematik.

Auch die Heinrich Böll Stiftung wird sich dem Thema demnächst in einer Podiumsdiskussion widmen.  Wie können spröde Fakten interessant und trotzdem richtig aufbereitet werden? Wie lässt Mensch sich als Journalist_in nicht vor den Wagen von institutionellen Interessen spannen? Wie unabhängig kann Berichterstattung von sog. „falschen Lösungen“ (z.B. Atom und CCS) überhaupt sein?

In den USA gibt es das Dogma des „balanced reporting“ (eine wissenschaftliche Untersuchung hierzu lieferten Boykoff & Boykoff schon 2004 – als pdf hier). D.h. es sollen immer beide Seiten gehört werden. Macht dies aber Sinn, wenn 95% der Wissenschaft sich einig ist über die Existenz des anthropogenen Klimawandels? Wie kann das „ausgeglichene“ Berichten überhaupt kritisiert werden?

Ich gehöre eher der Schule an, welche die Verantwortung der Medien nicht nur für die Demokratie sondern auch für die Menschenrechte, die Nachhaltigkeit und den Fortschritt sieht. D.h. es muss um mehr als nur das bloße Berichten gehen. Wer Tickermeldungen wiedergibt macht zu wenig. In Zeitungen und Online-Magazinen möchte ich Meinungen and Argumente lesen und hören. Dabei sollte es dann aber in 95% der Fälle nicht um das „ob“, sondern um das „wie“ des Klimawandels gehen. Wie läuft er ab? Und vor allem, wie können wir ihn stoppen?


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