Vor zwei Monaten habe ich in diesem Blog einen Beitrag geschrieben, der bisher am meisten Reaktionen provoziert hat – einige davon auf den Kommentarseiten dieses Blogs. Einige davon ausgesprochen zustimmend, andere ablehnend. Unter dem Titel „Stilfragen“ hatte ich erklärt, dass ich vom Einzelnen nicht in erster Linie eine Veränderung des persönlichen Lebensstils einfordere, als vielmehr ein Eintreten für politische Veränderungen.
In einem will ich meinen KritikerInnen zustimmen. Es macht wenig Sinn das eine gegen das andere auszuspielen. Ein klimafreundlicher Lebensstil ist sicherlich eine wichtige Ergänzung zum politischen Engagement. Er stabilisiert es, macht es glaubwürdiger. Er lindert kognitive Dissonanzen, die auftreten, wenn ich z.B. fliege und doch eine Verteuerung und damit Einschränkung des Fliegens einfordere. Er zeigt auf dass klimafreundlicher Leben geht und nicht weh tut, ja Spaß machen kann.
Doch wir alle sind mit dem Lebensstilargument leicht der „Unglaubwürdigkeit“, ja der Heuchelei zu überführen. So wie Sigmar Gabriel, der nun für die Nutzung der Flugbereitschaft der Bundeswehr unter Druck geraten ist. Malte Kreutzfeld weist heute in der taz darauf hin, wie fehlgeleitet diese Kritik ist. Denn Gabriel ist nicht wegen der von ihm verursachten Flugemissionen zu kritisieren. Sondern wegen seiner Politik, die Fliegen nach wie vor ungeschoren lässt.
Nun sind Politiker vielleicht ein Extremfall. Ihre Aufgabe ist nun mal die Politik. Aber als Staatsbürger können wir unsere politische Verantwortung auch nicht einfach wegdelegieren. Wir alle sind Politiker, wir sind mitverantwortlich für die Politik die in diesem unserem Lande gemacht wird. Im Rahmen unserer Möglichkeiten und Grenzen. Indem wir etwas zulassen, uns nicht wehren, uns nicht einmischen.
Dasselbe gilt übrigens auch für Unternehmen. Mich interessiert an einem Unternehmen mittlerweile weniger, wieviel CO2 es ausstößt. Das ist interessant, weil man daraus seine Interessenslage ableiten kann. Aber wichtiger ist mir, wie es sich als „corporate citizen“ politisch positioniert in der Auseinandersetzung um die Regulation des CO2-Ausstosses. Welchen Einfluss es z.B. bei der Debatte um den Emissionshandel nimmt, ob es sich den fossilen Positionen von RWE & Co. anschließt oder sich anders positioniert wie z.B. die Deutsche Bank und die Dresdner Bank.
Es wäre für ein profitorientiertes Unternehmen in der Tat viel verlangt, z.B. auf den Bau von Kohlekraftwerken zu verzichten, wenn diese sehr viel profitabler wären als erneuerbare Energien oder Blockheizkraftwerke (was noch zu belegen wäre). Leider ist nun einmal der Sinn und Zwecke von Wirtschaftsunternehmen der Profit.
Aber auch als Unternehmen den Widerspruch zwischen Profitlogik und Klimaschutz zu erkennen, und in der Konsequenz laut und deutlich zu verlangen, dass sich hier die Rahmenbedingungen ändern, dass also zukünftig die Profitlogik des Unternehmens nicht mehr im Widerspruch zum Klimaschutz steht – das erwarte ich allerdings von jedem Unternehmen, das von sich behauptet, ein guter „corporate citizen“ zu sein.
Ich erwarte von Porsche nicht zwingend, dass sie aufhören schnelle Autos zu bauen, solange sie eine Nachfrage finden. Aber sich für ein Tempolimit einzusetzen und ambitionierte EU-Regeln für den CO2-Ausstoss der Autoflotte – das wäre ein Position die mir Respekt abnötigen würde. Aber soviel Weitsicht ist wohl kaum zu finden…