In Potsdam ist gerade ein hochrangiges Symposium von Nobelpreisträgern zu Ende gegangen (taz-Bericht). In ihrem Potsdam Memorandum fordern sie eine „große Transformation“. Die Menschheit sei dabei, als quasi-geologische Kraft das Erdsystem qualitativ und irreversibel zu verändern. Die „Große Transformation“ wäre „der dritte Weg zwischen Destabilisierung der Umwelt und anhaltender Unterentwicklung“.
Interessant ist dabei der Gedanke der „Carbon Justice“ (Kohlenstoff-Gerechtigkeit), der es in dieses Dokument geschafft hat. Dazu heisst es:
Striving for a long-term convergence to equal-per-capita emissions rights accomplished through a medium-term multi-stage approach accounting for differentiated national capacities. An important goal would be the reduction of total amount of GHG emissions which is the product of per capita consumption times population, where both factors are crucial.
Nehmen wir das noch einmal auseinander:
(1) Langfristige Konvergenz der Pro-Kopf-Emissionsrechte. Das klingt wie „Contraction and Convergence„. Bundeskanzlerin Merkel hat sich anscheinend in Potsdam, wie auch schon zuvor in New York (hier und hier), in diesem Sinne positioniert. Zu diesem Ansatz werde ich später noch einmal genauer Stellung nehmen.
(2) Dazu mittelfristig ein Mehr-Phasen-Ansatz, der die unterschiedlichen nationalen Fähigkeiten berücksichtigt. Interessant ist, dass hier nur die Fähigkeiten (Capacities), nicht aber die ebenso in der Klimarahmenkonvention genannten Verantwortlichkeiten (Responsibilities) genannt werden. Und wie man sich diesen Mehr-Phasen-Ansatz so vorstellen kann, dazu findet man Ansatzpunkte in einem Hintergrund-Dokument zum Symposium.
(3) Die gesamten Treibhausgasemissionen müssen reduziert werden. Sie sind das Ergebnis des Pro-Kopf-Konsums mal der Bevölkerung, und beide Faktoren sind entscheidend. Das ist eine Reaktion auf die v.a. in den USA sehr beliebte Debatte über das Bevölkerungwachstum als Ursache des Klimawandels. Die Frage ist nur, ob die Bevölkerungszahl eine Variable ist, die wir genauso bearbeiten können wie unsere Pro-Kopf-Emissionen.
Trotzdem, interessant. Wie die Gerechtigkeitsfrage plötzlich in den Mittelpunkt eines globalen Dialogs über Klimawandel gelangt. Ein wichtiger Schritt vorwärts.
Auch sonst ist die Website des Symposiums besuchenswert: Mit drei Hintergrundpapieren, und Video-Streams der Podiumsdiskussionen. Hören Sie den Nobelpreisträgern mal zu.
Siehe auch: Die E-Frage und Merkel = Ökosozialistin?