Richtige Fakten, falsche Botschaft

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) widmet in ihrer Ausgabe vom 2. Dezember 07 dem Klimawandel eine ganze Doppelseite, und kündigt diesen Artikel sogar auf der Titelseite an, mit den Worten „Der Klimawandel kommt – da hilft alles nichts“.

(c) Max Planck Institut für MeteorologieUnd in der Tat werden im Wesentlichen die Ergebnisse der diesjährigen IPCC-Berichte noch einmal vorgestellt, unter Rückgriff auf Ergebnisse des renommierten Max-Planck-Instituts für Meteorologie in Hamburg. Und doch ist der Artikel ein Beispiel dafür, wie man mit richtigen Forschungsergebnissen eine falsche Botschaft senden kann.

Der Artikel von Ulf von Rauchhaupt reproduziert im wesentlichen die Ergebnisse der sogenannten SRES-Szenarien. Dies sind Szenarien einer möglichen politischen, demographischen, technologischen und ökonomischen Entwicklung in diesem Jahrhundert, auf die der IPCC sich bereits 2000 im Special Report on Emission Scenarios (SRES) geeinigt hat, um weltweit die Ergebnisse von Klimamodellen auf eine vergleichbare Basis von Annahmen über die mögliche Entwicklung der Menschheit zu stellen. Hier finden Sie die verständliche Beschreibung dieser Szenarien.

Auch das relativ optimistischste Szenario B1 produziert bereits mehr als zwei Grad Klimawandel gegenüber den vorindustriellen Niveau. Auch diese von der FAS reproduzierte Aussage ist richtig. Die Botschaft von Ulf von Rauchhaupt and den autofahrenden FAS-Leser lautet auf dieser Grundlage: Es sei eh unwichtig ob wir nun z.B. die Emissionen durch den Individualverkehr senken oder gar unseren Lebensstil ändern. Wir müssten eben in Anpassung und in die Forschung in neue Technologien investieren.

Wo liegt die FAS nun falsch? In der Aussage, dass B1 ein „Öko-Revolutions“-Szenario sei, ein „sehr optimistisches Szenario“. Ulf von Rauchhaupt verkennt, dass die SRES Szenarien allesamt, inklusive B1, sogenannte „Business as usual“ Szenarien sind. D.h. Szenarien in Abwesenheit aktiver Klimapolitik. Sie haben als ihre Grundlage also nur Annahmen über eine bestimmte Dynamik der sozioökonomisch-politisch-technologischen Entwicklung. Nicht aber die Annahme, dass wir aktiv Klimaschutz betreiben.

Auf der IPCC-Website heisst es dazu explizit: As required by the Terms of Reference, the scenarios in this report do not include additional climate initiatives, which means that no scenarios are included that explicitly assume implementation of the United Nations Framework Convention for Climate Change (UNFCCC) or the emissions targets of the Kyoto Protocol.

Ärgerlich ist nun, wenn die FAS auf der Basis dieser Fehlinterpretation der SRES Szenarien klimapolitischen Defätismus verbreitet. Richtig: Die Lage ist ernst, sehr ernst. Richtig ist auch: Wir müssen sowohl in Anpassung als auch in die Forschung in neue Technologien investieren. Doch wer die möglichen Folgen eines Klimawandels jenseits der Zwei-Grad-Schwelle kennt, kann nur zum Schluss kommen: Business as usual ist keine Option. Wir müssen einfach besser sein als jedes der SRES Szenarien.

Winston Churchill sagte am 4. Juni 1940, als die Briten gerade mit Mühe ihre Truppen vom Kontinent evakuiert hatten: „We shall never surrender“. Wie damals kommt es nun darauf, dass wir als Menschheit in dieser entscheidenden Auseinandersetzung um den Klimawandel unsere Kräfte mobilisieren. Eine Niederlage im Kampf gegen den Klimawandel können wir uns schlicht nicht leisten.


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