„North presses for new agreement„, titelte Martin Khor im ersten TWN Bali News update des „Third World Network“ vor einer Woche. Der Norden will ein neues Abkommen – der Süden, so liegt nahe, ist dagegen. Martin Khor, das ist nicht irgendwer. Er ist ein Veteran der Nord-Süd-Politik unter den Nichtregierungsorganisationen, ein einflussreicher Berater des G77, der Gruppe der Entwicklungsländer in UN Verhandlungen. Und auch so eine Schlagzeile macht Politik.
Ob Martin die Situation empirisch richtig beschreibt, sei einmal dahingestellt. Mein Eindruck ist, dass z.B. gerade die kleinen Inselstaaten und die ärmsten Entwicklungsländer auch sehr stark ein neues Abkommen fordern. Die Fronten sind viel komplexer als einfach zwischen Nord und Süd zu verlaufen.
Doch was immer hier die Lage adäquat beschreibt: Ich frage mich wann ich endlich zu lesen bekomme: „South presses for new, ambitious agreement and presents the bill“. Der Süden macht endlich Druck auf ein ambitioniertes Klimaabkommen und präsentiert dem Norden die Rechnung.
Kein Zweifel, der Norden hat die überwältigende Verantwortung für die Klimakrise. Und auch die Ressourcen, um Klimaschutz zu leisten.
Doch zugleich ist es der Süden, der von der Klimakrise am stärksten betroffen ist, und der an einem starken Klimaabkommen ein vitales Interesse hat.
Eine Verzögerungstaktik ist ein wenig nachvollziehbar, denn bisher rechnet sich der Süden aus, dass er mit den Kosten des Klimaschutzes allein gelassen wird, wenn er sich auf ein umfassendes neues Klimaabkommen einlässt, das auch Klimaschutz im Süden vorsieht.
Insbesondere die rasch wachsenden Staaten, die gleichzeitig auch die einflussreichen großen Länder sind, mögen sich ausrechnen, dass es für sie rational sein mag, sich möglichst wenig Kosten des Klimaschutzes aufbürden zu lassen und möglichst rasch reich zu werden. Denn die Klimakatastrophe trifft die Armen am härtesten. Rasch reich werden mag individuell die beste Überlebensstrategie sein, vor allem wenn man davon ausgeht, dass der Rest der Welt sowieso nicht Klimaschutz betreibt. Und um die Glaubwürdigkeit des Nordens ist es bisher nicht gut bestellt.
Und doch ist es natürlich auch eine Suizidstrategie. Daher ist es hohe Zeit, dass es zu einem Strategiewechsel im Süden kommt. Dass der Süden mit einem ambitionierten Vorschlag für Klimaschutz den Norden in die Pflicht nimmt.
Denn wenn wir eine Chance haben wollen, unterhalb der gefährlichen Schwelle von 2 Grad globaler Erwärmung zu bleiben, dann brauchen wir Klimaschutz nicht nur im Norden. Sondern auch im Süden. Fragt sich nur wer dafür zahlt.
Die Klimarahmenkonvention gibt darauf eine Antwort: Es geht um „common but differentiated responsibility and respective capacity“. Die gemeinsame und doch unterschiedliche Verantwortlichkeit und Fähigkeit. Das „Greenhouse Development Rights”-Konzept gibt darauf Antwort, wie das konkret aussehen könnte.
Martin Khor: Zeit aus den Schützengräben zu kommen. Der Süden ist nicht so schwach wie er tut. Zum Angriff, mit einem ambitionierten Klimaschutzvorschlag!
Webtipp: Die Heinrich-Böll-Stiftung stellt das Greenhouse Development Rights Konzept heute um 10.30 Ortszeit (03:30 in Deutschland) im Grand Hyatt mit ihrem Partnern in Bali vor.