Waldschutz über den Emissionshandel finanzieren?

by Benjamin Pender on flickrDie Verhandlungen in Bali haben auch ein Verhandlungsmandat erteilt, um den Waldschutz in das Klimaregime einzubeziehen. Da werden Pilotprojekte ermutigt, die die Emissionsreduktionen durch Waldschutz messbar machen sollen, und ein ganzes Arbeitsprogramm zur Bewältigung der sehr schwierigen methodischen Fragen wird auf den Weg gebracht.

Methodisch ist da Verschiedenes sehr schwierig zu erfassen: Es gibt noch immer sehr große Unsicherheiten, wieviel CO2 in den Wäldern wirklich gebunden ist. Unklar ist auch, wie man die Emissionsreduktion durch Verringerung von Entwaldung messen soll: Verringerung bedeutet ja stets, dass etwas „ansonsten“, d.h. ohne Waldschutzmaßnahmen, stärker gewesen wäre. Aber die jährlichen Entwaldungsraten z.B. in Brasilien schwanken stark, nicht zuletzt aufgrund von Faktoren die mit Waldschutz wenig zu tun haben wie den Weltmarktpreisen für Soja. Was ist also als Basis-Entwaldungsrate anzunehmen, gegenüber der man dann eine Verringerung eventuell feststellen könnte?

Sehr umstritten ist auch die Frage, woher denn dann die finanziellen Anreize für eine Verringerung von Entwaldung kommen sollen. Denn die Entwicklungsländer, so haben sie vielfach deutlich gemacht, wollen für den Verzicht auf den Gewinn aus Abholzung entschädigt werden.

Es gibt eine wachsende Zahl von Organisationen, v.a. aus den USA, die in der Finanzierung des Waldschutzes über den globalen CO2-Markt die Antwort auf viele Fragen sehen. In dem Appell „Forests Now!“ haben sie ihr Anliegen gebündelt und eine ansehnliche Unterstützerkoalition zusammengebracht. Auch manche Entwicklungsorganisation meint, in der Einbeziehung von Waldschutz in den Emissionshandel eine Einkommensquelle für arme Bevölkerungsgruppen zu erschliessen.

Und doch halte ich diese Entwicklung für hochgradig gefährlich. Ja, sie mag am Ende den Bestrebungen den Todesstoß versetzen, die globale Erwärmung unter der kritischen Schwelle von 2 Grad gegenüber vorindustriellem Niveau zu halten.

Wenn wir auch nur ungefähr in der Nähe dieser Schwelle bleiben wollen (siehe hier), dann ist nach dem 4. Bericht des IPCC folgendes notwendig (Details hier):

  • Emissionsreduktionen in den Industrieländern (Annex I) von -25-40% bis 2020 gegenüber 1990.
  • und zusätzlich „eine substantielle Abweichung von der Basislinie” (der “normalen Entwicklung”) in Lateinamerika, Ostasien, zentral geplantem Asien und dem Mittleren Osten. Also einem Großteil der Entwicklungsländer, nicht aber Südasien und Afrika.

Diese „substantielle Abweichung von der Basislinie“ enthält auch den Waldschutz. Wenn ich diesen Waldschutz aber über den CO2-Markt finanziere, dann ist er nur eine Art und Weise, wie die Industrieländer ihren Verpflichtungen nachkommen. Anders gesagt: Was ich durch Waldschutz an Emissionen reduziere, wird dann in den Industrieländer zusätzlich emittiert. Nettobilanz: Null (bestenfalls, wenn man sich bei der Emissionsberechnung nicht verschätzt).

Diesem Dilemma kann man entkommen, in dem die Verpflichtungen der Industrieländer über die -25-40% bis 2020 angehoben werden, also noch stringenter werden. Ich halte das für moralisch gerechtfertigt, keine Frage. Aber angesichts der Tatsache, dass es in Bali nicht gelungen ist, alle Industrieländer hinter diese Zielmarke von -25-40% zu versammeln, halte ich ihre Verschärfung für politisch für wenig wahrscheinlich.

Hingegen böte die Finanzierung des Waldschutzes über andere Mechanismen (Fonds-Lösungen, Versteigerungserlöse von Emissionszertifikaten) eventuell die Chance, diesen wirklich zusätzlich zu Verpflichtungen der Industrieländer in der Größenordnung von -25-40% umgesetzt zu bekommen, und nicht als Teil derselben.

Angesichts der enormen Beträge an Emissionen, die hier auf dem Spiel stehen, mag diese Frage mitentscheidend werden, ob es uns noch gelingen kann, die globale Erwärmung unter 2 Grad zu halten.

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