Climate Code Red (Klima-Alarmstufe Rot) heisst eine neue in Australien erschienene Studie (Download hier). Wie auch der renommierte Klimaforscher James Hansen, Direktor des NASA Goddard Institute for Space Studies, stellen die Autoren die These auf, dass wir bereits mitten im gefährlichen Klimawandel stecken. Hansen wie die Autoren von Climate Code Red plädieren dafür, in einem Notprogramm die Treibhausgasemissionen sehr rasch zu senken und zwar, so Hansen, langfristig sogar unter die aktuelle CO2-Konzentration von 380 ppm auf ca. 350 ppm!
Dazu muss es gelingen, bereits in der Atmosphäre befindliches CO2 wieder zu binden. Das ist sehr schwierig, und weitgehend unerforschtes Terrain, doch mögliche Technologien wären z.B. hydrothermale Karbonisierung (Wikipedia dazu) bzw. die Herstellung von terra preta.
Dass wir sehr nahe dran sind, gefährliche Kippelemente in weltweiten Klimasystem zu betätigen, oder sie bereits betätigt haben, belegt auch eine Studie, die gestern in einer der renommiertesten naturwissenschaftlichen Zeitschriften der Welt publiziert wurde: Den „Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States„.
Das in der sehr nüchternen Sprache der Naturwissenschaftler verfasste Papier identifiziert 14 Kipp-Prozesse (links auf Abb. klicken, hier eine Erläuterung in deutscher Sprache). Das sind Punkte bei denen eine begrenzte Veränderung des menschlichen Einflusses, z.B. eine begrenzte weitere Erwärmung, das System in einen anderen Zustand überführen kann. Der Tagesspiegel erklärt das anschaulich: „Manchmal können schon kleinste Störungen ein komplettes System zum Kippen bringen. Bekannt ist das aus der Technik. Zum Beispiel ist ein schadhaftes Kabel in der Lage, einen ganzen Computer zum Absturz zu bringen. Beim Klima auf der Erde ist es nicht anders. Auf den ersten Blick mag es so aussehen, als verlaufe die globale Erwärmung relativ langsam und nach einem linearen Muster. Doch auch kleinste Störungen des Klimasystems können große Auswirkungen auf Mensch und Natur haben.“
Von den Kipp-Prozessen sieht Hans-Joachim Schellnhuber, einer der Autoren, Direktor des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung und wissenschaftlicher Berater von Bundeskanzlerin Merkel, zwei als bereits gekippt an (der Verlust des arktischen Meereises und das antarktische Ozonloch), einer steht auf der Kippe (das Schmelzen des Grönland-Eises).
Dazu noch einmal der Tagesspiegel: Ein besonders anfälliges Kippelement ist der Grönländische Eisschild. Gerade sein Beispiel zeigt, wie sich Effekte der Erderwärmung gegenseitig verstärken können. Die direkte Erwärmung über dem Eisschild beschleunigt den Eisverlust durch Gletscher, die ins Meer fließen. Dadurch verliert der Rand des Eisschildes an Höhe, was die Erwärmung und damit den Eisverlust weiter beschleunigt. Nach den heutigen Modellen kann nicht genau gesagt werden, wann der kritische Punkt auf Grönland erreicht wird. Sollte aber die Marke von drei Grad Celsius lokaler Erwärmung überschritten werden, könnte der Eisschild schon innerhalb von 300 Jahren komplett abschmelzen. Dann würde der Meeresspiegel weltweit um bis zu sieben Meter steigen. (Dazu auch mein Blogeintrag).
Was braucht es, um angesichts dieser Aussichten weder in Gleichgültigkeit zu verharren noch in Resignation und Angststarre zu verfallen, sondern mit maximaler Entschlossenheit das Ruder herumzureissen?