Tropische Wirbelstürme sind ein beliebte Illustration in der öffentlichen Kommunikation zum Klimawandel. Ein Satellitenbild eines Hurrikans vor der Küste Floridas ziert gar den Umschlag unseres Buchs „Wege aus der Klimafalle„. Sie sind eine Metapher für das destruktive Potential von klimatischen Extremereignissen. Sie entstehen nur über warmen Meeren, und so liegt die Schlussfolgerung nahe, dass tropische Wirbelstürme sich intensivieren, wenn sich die Meere im Zuge des Klimawandels erwärmen. Es gibt zu diesem Thema eine umfangreiche wissenschaftliche Auseinandersetzung, die sie hier nachlesen könnten (Englisch).
Es gibt also gute Gründe, eine Verstärkung tropischer Wirbelstürme im Zuge des Klimawandels zu erwarten. Doch jeder seriöse Wissenschaftler wird es vermeiden, individuelle tropische Wirbelstürme auf den Klimawandel zurückzuführen. Ebensowenig wie man individuelle Krebsfälle auf das Rauchen zurückführen kann, obwohl der statistische Zusammenhang gesichert ist. Dies gilt auch für Taifun Nargis, der nun das Irawadi-Delta in Burma verwüstet hat und vermutlich eine fünfstellige Zahl an Todesopfern forderte.
Doch wenn wir Nargis nicht als Folge des Klimawandels festmachen können, was hat dann diese Katastrophe in der Klimadebatte zu suchen?
Die schlimmsten Auswirkungen hatte Nargis im Flussdelta des Irrawaddy. Satellitenbilder (hier und hier) zeigen, wie dort nun große Landflächen unter Wasser stehen. Unabhängig welche Auswirkungen der Klimawandel auf die Frequenz und Stärke tropischer Wirbelstürme haben wird: Gerade die dicht besiedelten tropischen Flussdeltagebiete sind in extremer Weise durch den Meeresspiegelanstieg gefährdet, den wir aufgrund des Klimawandels mit großer Sicherheit bekommen werden. Diese Gebiete liegen oft nur wenige Dezimeter über dem Meer. Stark gefährdete Flussdeltas mit jeweils über 1 Million gefährdeter Menschen in den nächsten 4 Dekaden gibt es in Bangladesh und Indien (Ganges-Brahmaputra-Delta), in Vietnam (Mekong-Delta) und in Ägypten (Nildelta), wie eine Abbildung aus dem 4. IPCC-Bericht (S. 327) zeigt.
Abb: Verwundbarkeit von Küstendeltas. Die Größe der Punkte bezeichnet die Bevölkerung, die bei Fortsetzung des aktuellen Meeresspiegelanstiegs bis 2050 vertrieben wird: Extreme: > 1 Million, High: 50.000-1 Million, Medium: 5.000-50.000Flussdeltas sind häufig sehr dicht besiedelt, weil ihr Schwemmland sehr fruchtbar ist. Der Verlust dieser Deltagebiete durch den Meeresspiegelanstieg (sowohl bei Extremereignissen wie Wirbelstürmen als auch durch die langsame Versalzung des Grundwassers) wird somit auch die globale Ernährungssituation verschärfen.
Vielleicht sind die Opfer des Taifuns Nargis bereits Opfer des Klimawandels. Wir wissen es nicht und werden es wohl nie wissen. Aber die Auswirkungen von Nargis im Irawadi-Delta geben uns einen Vorgeschmack dessen, was den Flussdeltagebieten weltweit bei ungebremstem Klimawandel blühen wird.
Weitere Infos zu Nargis:
Google Earth Layer zu Nargis und den Überflutungen
Foto: Hurrikan Kate (2003), Wikipedia