Norwegen gibt Startschuss zur Öl-Ausbeutung in der Arktis

Homeless Santa

Homeless Santa by azrainman. Dieses Bild steht unter einer Creative Commons Lizenz.
Quelle: www.flickr.com.

Ausgerechnet Norwegen hat Ende letzter Woche den Startschuss zur Ausbeutung der Ölvorkommen in der Arktis gegeben. Die taz berichtete gestern:

„Wie die Regierung am Freitag bekannt gab, erteilte sie dem italienischen Ölkonzern ENI und der norwegischen Statoil die Erlaubnis zur Aufnahme dieser Ölförderung. Gleichzeitig kündigte Norwegen die Freigabe der Ölsuche im Gebiet der zwischen Grönland und Norwegen liegenden Arktisinsel Jan Mayen an.“

Nicht nur Norwegen erhebt Ansprüche auf arktische Rohstoffvorkommen, auch andere Arktisanrainer wie Russland, Kanada und die USA machen Pläne, zögern jedoch noch bei der Umsetzung – nicht zuletzt da es massiven Widerstand von Umweltschützern, Forschungsinstituten und Fischern gibt. Jetzt prescht ausgerechnet Norwegen unter einer rot-rot-grünen Regierung vor.

So berichtet die taz weiter:

„Zudem steht die Regierungsentscheidung im Widerspruch zu Versprechungen, die die zur Koalition gehörenden Linkssozialisten vor der vergangenen Wahl abgegeben hatten. Diese wollten ein zusammenhängendes Schutzgebiet im hohen Norden ausweisen, in dem keinerlei Ölförderaktivitäten stattfinden sollten. Nun will man allenfalls vereinzelte begrenzte Regionen geschützt sehen. Und auch das nur für eine überschaubare Zeit.“

Nicht nur für die sensible Umwelt der Arktis und das Weltklima sind das katastrophale Neuigkeiten, auch für die norwegische Politik bedeutet es einen absurden Widerspruch zu ehrgeizig gesteckten Klimazielen:

„Vor zwei Jahren hatte Ministerpräsident Jens Stoltenberg erklärt, Norwegen werde als weltweit erstes Land bis 2050 ‚CO2-frei‘ sein und seine Grenzwertverpflichtungen aus dem Kioto-Abkommen bis 2012 um 10 Prozent unterschreiten. Tatsächlich liegt das CO2-Niveau in dem Land jetzt 11 Prozent über dem von 1990. Was vor allem auf das Konto der Öl- und Gasgewinnung geht, die für 83 Prozent des gesamten norwegischen CO2-Ausstoßes steht.“ (taz)

Die Geschichte wird noch getoppt, wenn man sich anschaut, an welche Ölfirmen der Zuschlag geht: Neben der heimischen Statoil soll auch die italienische Ölfirma ENI mitmischen. ENI, die zu 30 % dem italienischen Staat gehört, zählt zu den korruptesten Ölfirmen der Welt und hat u.a. vor Kurzem einen Deal mit der diktatorischen Regierung der Republik Kongo in Zentralafrika abgeschlossen, der zur ersten Ausbeutung von Teersanden auf dem afrikanischen Kontinent führen könnte. Derzeit laufen die Explorationen.

Teersandausbeutung führt nicht nur zu erheblichen Umweltschäden, nachteiligen sozialen Folgen für die ansässige Bevölkerung und Konflikten (wie uns das Beispiel Kanada lehrt), sondern treibt auch den Klimawandel an: Bei der Produktion von Teersanden werden neben einem unglaublichen Verbauch an Wasser auch 3 bis 5 Mal soviel Treibhausgase produziert wie bei der Förderung von koventionellem Öl.

Wenige Monate vor dem Klimagipfel in Kopenhagen im Dezember 2009 ist der norwegische Vorstoß ein Zeichen, wie es die Welt nicht brauchen kann. Statt eines Wettlaufs um die Sicherung der letzten fossilen Ressourcen, bräuchten wir einen Wettlauf um die ehrgeizigsten Klimaziele und besten Technologien. Da fragt man sich schon, ob die von der norwegischen Regierung großzügig bereitgestellten Gelder für globalen Waldschutz wirklich mehr sind als Minimal-Kompensationen für gezielt geplante Klimaschäden in der Zukunft…

Hintergrund:

Unconventional Oil – Scraping the Bottom of the Barrel (Report von WWF der Co-operative Bank)

Wettlauf um die Arktis – Empfehlungen an die EU (Rodercik Kefferpütz und Danila Bochkarev)