Robert Watson, der jahrelange Chef vom „Weltklimarat“ IPCC, war bekannt für seine zugespitzten und provokanten Aussagen. Er hatte keine Scheu, die wissenschaftliche Wahrheit den Regierungen und Klimaverhandler_innen klar und deutlich ins Gesicht zu sagen. Deswegen musste er gehen, denn die Bush-Regierung hatte damals massiv gegen ihn lobbiiert. Sein Nachfolger, Rajendra Pachauri, galt als nicht weniger integer, aber schien aus Sicht der USA und mancher anderer Staaten wohl weniger „aufmüpfig“…
Jetzt aber ist Pachauri mindestens so radikal hervorgeprescht wie sein Vorgänger es vermochte. Er hat sich offen dazu bekundet, dass die Welt das Niveau der Treibhausgase auf 350 ppm Kohlendioxid stabilisieren muss, um 2 Grad – sprich um eine katastrophele Erwärmung – noch zu verhindern. Das dürfte harter Tobak sein für die Verhandler!
Pachauri ist mit der Aussage keineswegs der erste. James Hansen erhebt diese Forderung schon seit geraumer Zeit. Es hat sich gar eine eigen Organisation www.350.org gegründet, die dieses Ziel durch Aktivismus und Lobbying auf die politische Agenda setzt. Und zahlreiche Staaten, vor allem die kleinen Inselstaaten (ASOSIS) und die LDCs haben sich der Forderung angeschlossen.
Aber dass es jetzt auch der IPCC-Chef sagt, verleiht der Forderung eine neue Kraft. Zwar hat Pachauri nur als „Privatperson“ gesprochen. Aber das ändert nichts daran, dass er den IPCC leitet. „As chairman of the Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), I cannot take a position because we do not make recommendations,“ sagte er. „But as a human being I am fully supportive of that goal. What is happening, and what is likely to happen, convinces me that the world must be really ambitious and very determined at moving toward a 350 target.“
Das Ziel von 350ppm, das viele (Real-)Politiker für völlig unerreichbar halten, weil die Welt heute schon bei rund 380ppm ist, erhält damit eine neue Dringlichkeit. Und Notwendigkeit, Unausweichlichkeit. Wird die Äußerung noch einmal Fahrt in die klägliche Diskussion über Minderungsziele in den UNFCCC-Verhandlungen bringen?