Japan hat am Wochenende gewählt. Die seit über 50 Jahren regierende LDP wurde von der Demokratischen Partei Japans (DPJ) gleichsam aus der Regierung gejagt. Der Regierungswechsel könnte für das Klima zunächst einmal positiv sein, denn die DPJ hatte im Wahlkampf angekündigt, Japans Treibhausgasemissionen bis 2020 um 25 % gegenüber 1990 zu senken. Das ist ein Riesenschritt im Vergleich zu der bisher von der LDP gebotenen 8 %-Reduktion. Mit dem neuen Ziel stellt sich Japan auf eine Stufe mit der EU. Diese bietet 20% Reduktion und 30% wenn andere Industriestaaten mitziehen. Der Druck auf diese wächst jetzt. (Mehr dazu hier und hier)
Die Freude jedoch wird getrübt – wieder einmal – von der Realität: Japan hat bis jetzt seine Emissionen gegenüber 1990 um 9 % erhöht! Im Kyoto-Protokoll waren minus 6% bis 2012 versprochen worden. Und gegen das Minus-25 %-Ziel gibt es schon jetzt Widerstand bei japanischen Autobauern, Ölkonzernen und Energieversorgern, die ihren Anteil an der bisherigen Erhöhung des Treibhausgasausstoßes haben und ihre Bedenken bei bloomberg.com kund getan haben. Man sei besorgt um die Machbarkeit, sagt die Autoindustrie. So ein Ziel hätte schwere Auswirkungen auf die Wirtschaft, die Arbeitsplätze und sei eine große Belastung für die Menschen. Man müsse dann ja alle Autos auf Elektroantrieb umstellen, Solarpanels auf den Häusern installieren und das würde ja viel zu viel Geld kosten. Auch der wichtigste japanische Wirtschaftsverband Nippon Keidanren übt massiv Druck aus und warnt die neue Regierung davor, das 25%-Ziel offiziell beim Klimatreffen mit dem UN-Generalsekretär zu verkünden. Die alte Leier eben, die mal wieder verdrängt, was es kostet, wenn man nichts tut. Sir Nicholas Stern hatte das ja schon mal geschätzt. Eine andere Wolke der Realität trübt außerdem die Minus-25%-Aussichten: Japan hat wohl nicht vor, sich von der Atomkraft trennen und wird versuchen damit seine Klimaziele zu erreichen.
Dass Klimaziele nicht nur ein Frage des politischen Willens sondern auch der wirtschaftlichen Bereitschaft sind, zeigt die Studie The Carbon Chasm des britischen Carbon Disclosure Projects (CDP). Danach sind die CO2-Reduktionsziele der weltweiten TOP 100-Unternehmen nicht ausreichend, um die vom IPCC von den Industrieländern geforderten 80% CO2-Minderung bis 2050 zu erreichen. Wenn die Unternehmen bei ihren Zielen bleiben, erfüllen sie die IPCC-Forderung dreißig Jahre zu spät, also erst 2089. Wie CDP feststellt, orientieren sich Wirtschaftsunternehmen nicht an klimawissenschaftlichen Erkenntnissen sondern alleine an den Kräften des Marktes. Wenn es einen ökonomischen Vorteil bringt, CO2 Emissionen zu reduzieren, dann passiert es. Wenn nicht, dann nicht. Ganz einfach eigentlich.
Hier kommen Wirtschaft und Politik wieder zusammen. Die Politik muss die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass es ein ökonomischer Nachteil ist, Treihausgase ungehemmt in die Atmosphäre zu blasen, und zwar weltweit. Dann folgt auch die Wirtschaft. Selbst wenn sich Verhandlungstaaten bei der Klimakonferenz in Kopenhagen wie durch ein Wunder auf wirklich klimaverträgliche Reduktionsziele einigen sollten, dann müssen diese auch noch in der Realität erreicht werden. Auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Industrie können wir dabei nicht setzen, dafür haben wir keine Zeit.