Der BDI und die Entwicklungsländer

BerlaymontAuf dem Weg zu den Kopenhagener Klimaverhandlungen hat am letzten Donnerstag die EU-Kommission erste Finanzierungsvorschläge für Maßnahmen zur Bekämpfung der Klimaerwärmung in den Entwicklungsländern vorgelegt. Die EU will sich dort mit 2 bis 15 Mrd. Euro an den Klimaschutzmaßnahmen beteiligen. Das ist erstens eine ziemlich breite Spanne und zweitens bei weitem nicht das, was gebraucht wird, selbst wenn man bei 15 Mrd. ansetzen würde. Zudem müssten die Entwicklungländer einen großen Anteil der Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen selber tragen. (Kommentare dazu von Oxfam, dem WWF, von Christian Aid und der Grünen-Fraktion im EU-Parlament)

Foto: alex.ch/Flickr.com, Creative Commons Lizenz 2.0 BY

Trotzdem sieht sich die deutsche Industrie durch den Kommissionsvorschlag gefährdet und mahnt: „Es darf … nicht zu einer Lösung kommen, die die Industrie unverhältnismäßig stark belastet“, so der BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf. Die Industrie sei nur bereit, zum Klimaschutz beizutragen, wenn die EU auf weltweit vergleichbare Regeln dränge. Außerdem will die deutsche Industrie ihre Emmissionszertifikate geschenkt haben, also unentgeltlich CO2 in die Atmosphäre entlassen dürfen, solange nicht außerhalb der EU auch die Zertifikate versteigert würden. Sonst wären – wie könnte es anders sein – Arbeitsplätze und der Klimaschutz bedroht. Nur wenn…aber…sonst…würde… Vorreiterrolle sieht anders aus.

Mir ist in diesem Zusammenhang eine andere Verlautbarung des BDI aufgefallen, erschienen 3 Tage früher:

„Der Export von Klimaschutz – und Energieeffizienztechnologien in Schwellen- und Entwicklungsländer birgt große Chancen für die Industrie.“

Das sagte nämlich Carsten Kreklau, ein Mitglied der BDI-Hauptgeschäftsführung. In den Schwellen- und Entwicklungsländern sieht Kreklau einen „außerordentlichen Bedarf“ an Lösungen und Geschäftsmodellen, mit denen die Emissionen eingedämmt werden können. Und Deutschland könnte der Lieferant dafür sein. Ein großes Marktpotential, das sich vor den Augen der deutschen Industrie ausbreitet. Deswegen sollen auch die Finanzströme, die in Kopenhagen beschlossen werden könnten, so geleitet werden, dass die deutsche Wirtschaft sich daran anschließen kann. Das ist aus Unternehmerperspektive sicherlich wünschenswert.

Was mich allerdings nachdenklich stimmt: Die deutsche Industrie warnt die EU davor, den Entwicklungländern zuviel Geld zukommen zu lassen, weil das ja Arbeitsplätze kostet. Gleichzeitig wittert sie Gewinn und Wachstum beim Klimatechnologieexport in eben diese Länder. Bekannt ist ja, das Entwicklungsländer erstens wenig Geld haben und zweitens nicht für den Klimawandel verantwortlich sind.

Die Frage ist nun, wovon denn eigentlich die deutsche Hochtechnologie bezahlt werden soll, wenn der BDI den Emissionshandel ablehnt? Eine Variante ist: die EU zaubert von anderswo das Geld her, das sie den Entwicklungsländern überweist. 2. Variante ist: die Entwicklungsländer zaubern das Geld selber herbei. 3. Variante ist: weder EU noch Entwicklungsländer können zaubern und aus den Entwicklungsländern wird der letzte Cent herausgepresst, damit sie sich die Technik leisten können. Kolonialismus at its best.


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