Eine verdammt heiße Nacht, die letzten Stunden der Klimakonferenz. Gestern nachmittag wurde zunächst ein Textentwurf für die Abschlusserklärung vorgelegt. Dann ging es 24 Stunden drunter und drüber. Heute um 14.50 Uhr wurde die COP beendet.
Der Text ist der totale Greenwash-Deal! Es schließt sich der Bogen zu meinem ersten Blog zur COP15 vor knapp zwei Wochen, in dem ich die vier größten Gefahren für ein Greenwash zusammengefasst hatte. Nur eine der genannten Gefahr, dass gar keine Ziele für 2020 sondern nur langfristige Ziele bis 2050 deklariert werden, hat sich nicht bewahrheitet; es sind all die Angebote für Emissionsreduktionen bis 2020 im Text enthalten, die wir schon vor der Klimakonferenz kannten – doch die wurden in den 14 Tagen um keinen Millimeter verschärft! Die drei anderen Gefahren sind in dem Text enthalten: 1. es gibt keine rechtliche Verbindlichkeit, sondern bloß eine politische Deklaration; 2. es gibt keinen Sanktions- und Anreizmechanismus, der die Staaten zur Einhaltung ihrer Ziele anhält, sondern stattdessen ein „pledge und review“: alle Staaten stellen ihre selbst gesteckten Ziele lediglich in einem „Info-Dokument“ als Anhang eines Abkommens zusammen. Dann lassen sich zwar auf die Finger schauen lassen, ob sie ihre Ziele erreichen, aber es bleibt völlig folgenlos, wenn sie das nicht tun; 3. Die Schlupflöcher im Bereich Senken, Land- und Forstwirtschaft sind nicht geschlossen worden, so dass die Verhandlungen der nächsten Monate die ohnehin schon laschen Ziele noch weiter verwässern werden.
Wie verliefen die Verhandlungen in der Nacht? Nach intensiven Konsultationen wurde am späten Abend ein überarbeiteter Textentwurf zirkuliert. In dem stand immerhin drinnen, dass die Staatengemeinschaft sich darauf verständigt, in den nächsten Monaten ein rechtlich verbindliches Abkommen zu Ende zu verhandeln. Doch als um 3 Uhr nachts Plenum eröffnet wurde, war diese Passage wieder gestrichen. Als erstes machte Ian Fry von Tuvalu ein einschneidendes statement, in dem er klarmachte, dass die Inselstaaten diese Erklärung nicht mittragen würden. Sein ergreifendes Statement schloss mit den Worten: Our future is not for sale!
Bis 8 Uhr früh ging es nun heiß her im Plenum. Irgendwann waren die Inselstaaten soweit, dass sie angaben, den Text trotz der riesigen Defiziete als Grundlage für weitere Verhandlungen doch mitzutragen. Dann aber stellte Christiana Figueres von Costa Rica die Killer-Frage: warum ist die Passage mit dem rechtlich verbindlichen Ziel wieder rausgeflogen, die in der Version vom späten Abend noch enthalten war? Verdächtig, dass China und Indien sich gar nicht beteiligten; es wird gemunkelt, dass China diese Phrase wieder rausmanövriert hat. Nun blockieren nur noch Bolivien, Kuba, Venezuela und Ägypten. Rassmussen fragt nach einem Taschentuch, weil ihm die Tränen in die Augen steigen. Völlig groggy suspendiert er noch einmal das Plenum.
Um 10.35 Uhr geht es weiter mit dem Plenum. Bahamas hat die Lösung ins Spiel gebracht: „The COP takes note of the Copenhagen Accord“ heißt die Entscheidung; im Anhang zu dieser Entscheidung steht dann der Textentwurf. Will heißen: die COP hat den Text weder angenommen, noch abgelehnt. Die Verhandlungen werden weitergehen. Der Prozess ist nicht kollabiert, damit auch weniger beschädigt; keine Staatengruppe ist wütend rausgerannt und hat blockiert. Aber geeinigt werden konnte sich auch nicht.
Es bleibt also alles offen. Was gut ist. Es gibt den der Staatengemeinschaft mehr Zeit, um sich noch einmal anzustrengen. Wenn das jedenfalls das letzte Wort gewesen wäre, wäre es eine Katastrophe. Die Hoffnung stirbt zuletzt.
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