Der wesentliche Punkt war schon die Frage: Sind die Entwicklungsländer auch bereit, rechtlich bindende Verpflichtungen einzugehen?
So fasst Frau Merkel auf ihrer Pressekonferenz am Flughafen in Kopenhagen die Verhandlungen zusammen. Klingt für mich ein wenig nach verdrehter Welt. Wie war das nochmal: Wer hat den Klimawandel verursacht und wer rückt nicht mit ambitionierten Reduktionszielen raus? Die Entwicklungsländer?
Doch die Rede der Ex-„KlimaKanzlerin“ birgt noch weitere Highlights, über die man schmunzeln könnte, wenn es nicht so bitter ernst wäre:
Zur Frage, ob Deutschland bei seinem Minus-40 %-Ziel bleibt:
Das muss aber damit verbunden sein, dass andere auch so ambitionierte Vorschläge machen, sodass wir 2020 eine Chance haben, das 25-Prozent-Reduktionsziel, das uns der IPCC vorschreibt, auch wirklich zu erreichen.
Haben Sie den kleinen Fehler entdeckt? Sehr geschickt eingebaut! Der IPCC spricht von 25-40 %, wobei inzwischen klar ist, dass es mindestens 40 % sein müssen.
Und dann plaudert sie ganz munter aus dem Nähkästchen, wie es bei einem Treffen der Mächtigsten der Welt so zugeht:
Wir als Staats- und Regierungschefs haben mit unserem Eintreffen gesagt: Wir müssen trotzdem sozusagen (eine Gruppe der) Freunde des Vorsitzes gründen. Diese muss regional gut ausgewählt sein. Aber es ist auch nicht so ganz einfach, mit einer Gruppe von über 30 Personen zusammenzuarbeiten – angefangen vom Sprachenregime bis hin zu der Frage, wer gerade dort sitzt. Der indische und der chinesische Premierminister haben nie selbst verhandelt. Auf der anderen Seite sitzt dort der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, der Präsident von Indonesien, der Präsident von kleinen Inselstaaten, der mexikanische Präsident und die ganze EU-Formation auf der höchsten politischen Ebene. Das ist manchmal – ich sage es einmal so – fast lustig. Die einen sind klassische Klimaverhandler, die den ganzen Tag nichts anderes machen, als über das Klima zu verhandeln. Wir müssen als Staats- und Regierungschefs immer schauen, dass wir von unseren Beratern noch schnell Informationen bekommen. Man ist bei so einem Spezialgebiet erst einmal intellektuell herausgefordert.
Intellektuelle Herausforderung mit Spaßfaktor also. Klingt irgendwie nach einer Runde Bingo. Nur dass mal eben die Zukunft des Planeten auf dem Spiel steht.
Aber natürlich ist es nicht ihre Schuld:
Wie man es macht, macht man es nicht richtig. Im Vorfeld wurde immer gesagt. Wir müssen noch mehr geben und müssten noch stärker bereit und noch ambitionierter sein. Ich habe immer dafür geworben, Augenmaß zu bewahren, weil es gar nichts bringt, wenn man alles schon verspricht, sondern man muss schauen, dass man seine Position festzurrt.
Na das ist auch gut gelungen. Vorreiterrolle ist aber was anderes!
Und dann der Hammer zum Schluss. Wird es in 2010 ein rechtlich verbindliches Abkommen geben, Frau Merkel? Bleibt das Klima Topthema auf der Agenda?
Ich glaube, es ist die COP16, die nächstes Jahr in Mexiko stattfinden soll. [Ja, da haben sie richtig gerechnet, Frau Bundeskanzlerin!] Aber die Aufregung wird genauso groß sein wie vor diesem Gipfel. Das kann ich Ihnen jetzt schon voraussagen. Der Unterschied ist, dass die Regierungschefs nicht die Absicht haben, nach Mexiko zu fahren, sondern das wird wieder eine Umweltministerkonferenz sein.
Immerhin ist sie ehrlich.
Ob es ein Abkommen gibt oder nicht, wird jetzt ein Jahr Arbeit mit sich bringen. Zwischendurch schlafen wir noch einmal aus. Wir freuen uns auf das nächste Ereignis im Sommer in Bonn und anschließend auf Mexiko.
Mexiko – das klingt nach intellektueller Herausforderung mit Spaßfaktor und dazu noch Sonnenschein. Was will man mehr?
Nach so einem Kanzlerinnen-Fazit fehlen mir schlicht die Worte. Wir hätten alle dasein sollen, als sie in Berlin wieder aus dem Flugzeug stieg, um sie mit all unserer Wut und unserer Enttäuschung zu begrüßen. Sie ist uns Rechenschaft schuldig. Und die sollten wir in den kommenden Wochen und Monaten einfordern. Aber ihre Glaubwürdigkeit hat sie bereits jetzt verspielt.
P.S.: Das Bild stammt aus der Anzeigenkampagne, die deutsche NGOs letztes Jahr zum Klimagipfel in Poznan gestartet haben…