Das Große Fressen – Agrarministergipfel auf Klimakurs?

Fast 50 Kolleginnen und Kollegen aus der ganzen Welt hat Bundesagrarministerin Ilse Aigner am Samstag anlässlich der Grünen Woche zum Internationalen Agrarministergipfel nach Berlin eingeladen. In ihrem Pressestatement zum Abschluss Gipfel tönt Frau Aigner großspurig:

Wir Agrarminister wollen dort weitergehen, wo die Staatengemeinschaft in Kopenhagen vorerst Stopp gemacht hat – beim Einstieg in konkrete Arbeitsaufträge für einen wichtigen Sektor.

Allerdings gibt es in der Abschlusserklärung mindestens zwei fundamentale Denkfehler. So heißt es dort:

Landwirtschaftliche Produktion führt unvermeidlich zu Treibhausgasemissionen. Zunehmende Agrarproduktion wird also zu einem Anstieg der Treibhausgasemissionen, vor allem aus der tierischen Produktion, führen.

Das stimmt so nicht. Denn

1. Eine Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion muss nicht notgedrungen mit mehr Treibhausgasemissionen einhergehen. Der Ökolandbau (im Abschlussdokument nur nebenbei erwähnt, aber nicht für unterstützenswert befunden) ist hier beispielhaft.

Dabei gibt es inzwischen auch eine breite Debatte und gute Antworten auf die Frage, wie Ernährungssicherheit und Klimaschutz Hand in Hand gehen können. Siehe hierzu z.B. den Bericht des Weltagrarrats (IAASTD).

2. Können wir nicht davon ausgehen, dass wir uns in den Industrieländern einfach weiter so fleisch- (und damit CO2-)intensiv ernähren können wie bisher und damit Vorreiter für die Schwellen- und Entwicklungsländer sind. Doch hier sieht Frau Aigner leider keine Rolle für die Politik. So sagte sie laut taz-Bericht:

Ich meine auch nicht, dass es Aufgabe des Staates ist, sich an Verzichtsdebatten unter erhobenem Zeigefinger zu beteiligen.

Anscheinend stimmen ihr die werten Kolleginnen und Kollegen zu, dass der Staat sich in diese Dinge möglichst wenig einmischen sollte. Denn bis auf schöne Worte und Absichtserklärungen finden sich in dem Abschlussdokument keinerlei Verpflichtungen oder konkrete Ziele. Nicht umsonst bezeichnet der WWF den Gipfel als „Folklore-Veranstaltung“.

Die Landwirtschaft trägt etwa 30 Prozent zu den globalen Treibhausgasemissionen bei. Gleichzeitig sind die Bauern vor allem in den Entwicklungsländern massiv vom Klimawandel betroffen. Ohne Kehrtwende geht es nicht. Aber das scheint bei den AgrarministerInnen nicht nicht angekommen zu sein. Sie wollen für eine steigende Weltbevölkerung bis 2050 70 Prozent mehr Nahrungsmittel produzieren – und das nach dem üblichen Modell mit ein bisschen mehr Effizienz. Klimakurs verfehlt.

P.S.: Ein weiteres wichtiges Argument für den Ausstieg aus der fossilen Landwirtschaft ist die Tatsache, dass es schon sehr bald einfach nicht mehr genügend billiges Erdöl geben wird, ohne das die Mainstream-Landwirtschaft in all ihren Produktionsschritten aber nicht auskommt.

Foto: „fresh“ von twicepix. Quelle: www.flickr.com mit Creative Commons Lizenz


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