In der Vergangenheit ist dem Internationalen Währungsfonds (IWF) oft “mission grab” vorgeworfen worden – der Versuch, internationale Macht und Relevanz dadurch zu erhöhen, daβ der IWF Aufgaben zu übernehmen sucht, für die er eigentlich nie vorgesehen war. Well, it did it again….dieses Mal mit einem Vorstoβ in Sachen Klimafinanzierung.
Auch so ist zu erklären, warum IWF-Chef Dominique Strauβ-Kahn vor wenigen Tagen am Rande des Weltwirtschaftsgipfels in Davos mit dem Angebot an die Öffentlichkeit trat, hausintern Vorschläge für einen milliardenschweren “Grünen Fond” ausarbeiten zu lassen, dank dessen die Welt mit weniger Öl und Kohle aus der Weltwirtschaftskrise wachsen soll.
Die Idee eines “Green Fund” mit bis zu US$ 100 Milliarden in einigen Jahren klingt vage vertraut – war nicht auch im Kopenhagen Akkord,der politischen Absichtserklärung mit der die COP vor dem kompletten Versagen mit Müh’ und Not gerettet wurde, die Rede von einem “Copenhagen Green Climate Fund” in dieser Höhe? Tatsächlich hat der Vorschlag von Herrn Strauβ-Kahn ein bisschen etwas von einem “sales pitch”: Wenn die Welt schon einen neuen Green (Climate) Fund schaffen will, warum nicht bitte schön eine etablierte Institution wie den IWF mit den Details oder der Verwaltung der Gelder beauftragen? Zumal Herr Strauβ-Kahn ja auch eine Idee hat, wie zumindest Teile der US$ 100 Milliarden aufgebracht werden können. Bei diesem Thema blieb übrigens der Kopenhagen Akkord, wie die gesamten Verhandlungen in Kopenhagen, recht diffus: er sprach nur von einer “Vielzahl von Quellen, öffentlich und private, bi- und multilateral, inklusive alternativer Finanzierungsquellen.”
Sogenannte “Sonderziehungsrechte” (SDRs) sind des IWF-Chefs Lösung. Praktischerweise werden SDRs, eine vom IWF 1969 künstlich geschaffene internationale Reservewährung bestehend aus einem Korb von vier internationalen Schlüsselwährungen, in der Regel vom IWF überwacht und administriert. Derzeit verwaltet der IWF bereits weltweit SDRs im Wert von US$ 324 Milliarden – eine saftige Erhöhung. Das beinhaltet bereits den Machtzuwachs für die Institution, die von G20 erst im September letzten Jahres als Sicherung gegen den globalen Wirtschaftskollaps verfügt wurde.
Die SDRs für einen Grünen Fonds sollen zusätzlich dazu geschaffen werden und Entwicklungsländern ebenso wie den durch die Weltwirtschaftskrise hoch verschuldeten Industrienationen zur Bekämpfung des Klimawandels zur Verfügung gestellt werden. Noch in Kopenhagen hatte George Soros, der milliardenschwere Investor und Chef des Open Society Institutes, einen ähnlichen Vorschlag unterbreitet, auch wenn dessen Realisierung vor einigen Wochen von IWF-Offiziellen noch als unwahrscheinlich abgelehnt wurde. In einer Diskussionsveranstaltung in Davos erklärte der IWF-Chef den Sinneswandel der Organisation als seine persönliche Reflektion des (Nicht-)Ergebnisses von Kopenhagen. Der IWF will jetzt schnell mit Zentralbankern und Finanzministern über die Machbarkeit eines solchen Fonds reden.
Dieser Akteursmix aus IWF, Zentralbankern und Finanzminister besorgt zivilgesellschaftliche BeobachterInnen. Sie weisen darauf hin, dass Zentralbanken, mehr noch als Finanzminister, auf die Erfüllung strikter Konditionalitäten als Vorraussetzungen für den Zugang zu Klima-SDRs insistieren werden. Unwahrscheinlich ist ebenfalls, daβ solch ein Fond, falls er zustande käme, der UNFCCC oder dem Finanzarm der Konvention, der Globalen Umweltfazilität (GEF), die von Gebernationen als langsam und ineffizient gesehen wird, unterstellt würde.
Denkbarer wäre stattdessen eine gemeinsame IWF-Weltbank-Führung, zum Beispiel via eines Leitungskomitees mit Beteiligung der regionalen Entwicklungsbanken, zumal die Weltbank derzeit ja bereits eine Reihe von Klimafonds verwaltet, die mit deutlich mehr Geld bestückt sind, als exisiterende UNFCCC-Klimafonds. Die letzteren (vor allem zwei seit sieben Jahren bei der GEF angesiedelte kleinere Adaptionsfonds) warten noch heute auf die Erfüllung der Finanzzusagen der Industrienationen.
Damit wäre aber die Kontrolle der Geldgeberstaaten über solch einen neuen “Grünen Fond” zementiert. Dies wäre aus Sicht vieler Akteure in Entwicklungsländer unakzeptabel. AktivistInnen aus dem Süden weisen denn auch darauf hin, dass Bewegungen im diesen Ländern keinen Mechanismus unterstützen werden, der dem IWF eine Rolle in Klimafinanzierung zuweist. Zu leidvoll ist die Erinnerung an die Konditionalitäten der Strukturanpassungskredite und ihre massiven sozialen Folgen in diesen Ländern. Doch die Ablehnung ist auch grundsätzlicherer, normativer Art: Soziale Bewegungen in Entwicklungsländern pochen auf die Zahlung der Klimaschuld des Nordens durch Finanztransfers ohne Bedingungen. SDRs, so fürchten sie, gäbe Annex 1 Ländern eine einfache Möglichkeit, sich dieser Schuld zu entziehen, ähnlich wie es global durch das Offsetting bei Emissionsreduzierungen durch den CDM passiert. Und auch die Regierungen der eigenen Länder kämen zu leicht in die Versuchung, die Gelder als Währungsreserve zu horten, anstatt sofort für Klimaprojekte zur Verfügung zu stellen.
Haben SDRs also eine Zukunft in der Klimafinanzierung? Das hängt von der Beantwortung noch vieler offener Fragen und der Beruhigung grosser Besorgnisse und Zweifel, gerade in Entwicklungsländern ab. Die Absichten des IWF werden in Wochen deutlicher werden, wenn das versprochene Arbeitspapier der Öffentlichkeit vorgelegt wird. Die Diskussion sollte also unbedingt weitergehen.