Budgetkürzung in Sachen Glaubwürdigkeit im Klimaschutz

In Zeiten von leeren Staatssäckeln, wachsenden Finanzierungsdefiziten und drohenenden Programmkürzungen müssen oft schmerzhafte Budgetkürzungen gefällt werden. Zu schade, dass eines der ersten und vielleicht mit das verheerendste Streichungsopfer des aktuellen Haushaltsentwurfs der schwarz-gelben Bundesregierung die internationale Glaubwürdigkeit der Merkel-Regierung in Sachen Klimaschutz ist.

Erst vor zehn Wochen in Kopenhagen hatten die selbsternannte Klimakanzlerin Angela Merkel und ihre Regierungschefkollegen der G8 desillusionierten Entwicklungsländern, die auf ein umfassendes bindendes Abkommen gehofft hatten, in einer enttäuschenden, rein politischen Abschlusserklärung, dem Kopenhagen Akkord, als Trostpflaster zumindest rasche finanzielle Soforthilfe von rund US$ 30 Milliarden (rund € 23 Milliarden) zusätzlich zur Entwicklungshilfe über die nächsten drei Jahre in Aussicht gestellt. Die EU wollte sich daran mit einem € 7,2 Milliarden Paket beteiligen, wovon knapp €1,26 Millarden (oder € 420 Millionen pro Jahr 2010-2012) der raschen Startfinanzierung aus Berlin fliessen sollten.

Dabei ist “zusätzlich” das Zauberwort, das als Lithmustest für die Glaubwürdigkeit internationaler Klimaschutzzusagen gelten kann, wie auch eine neue Analyse von ODI und hbs zur Klimafinanzierung nach Kopenhagen unterstreicht. Die deutschen Zahlungszusagen, so hieβ es damals von der Bundesregierung, würden nicht aus bestehenden Entwicklungshilfstöpfen umgewidmet, sondern bestünden aus neuem Geld, das additional zu bestehenden Entwicklungshilfen gezahlt werden sollte.

Auf das vollmundige medienwirksame Versprechen folgen jetzt kleinlaute und kleinkarierte Taten, die internationalen Klimaschutzversprechungen der Bundesregierung bestehen den Lithmustest nicht. Gerade einmal €70 Millionen sind im aktuellen Haushalt noch zusätzlich für den internationalen Klimaschutz eingestellt, rund € 350 Millionen werden einfach aus bestehenden Posten umdeklariert. “Kreative Haushaltsplanung” könnte man dies wohlwollend nennen, aber auch “Wortbruch”, “Augenwischerei”, “Zynismus” oder “Mogelpaket”.

Wenn man Beobachtern der Haushaltsverhandlungen Ende letzter Woche glauben darf, wurde das Schlimmste, nämlich gar keine neuen Mitteln für den internationalen Klimaschutz, im laufenden Etat, gerade noch abgewendet – wohl aber nur vorerst? Denn inzwischen mehren sich die Anzeichen, dass dem Umweltministerium in Zukunft auch die Gelder aus dem Auktionserlösen aus dem Emissionshandel wegbrechen könnten, mit denen das BMU derzeit die Internationale Klimainivitative (IKI) finanziert. Das bilaterale Klimahilfsprogramm der Deutschen, gerade erst im zweiten Jahr seiner Projektausschreibungen, stand bislang im internationalen Vergleich bilateraler Klimafonds besonders gut da: alle versprochenen Zahlungen waren auch getätigt worden. Damit war die IKI 2009 so etwas wie der Klassenprimus unter den neuen Fonds, denn bei vielen klafft die Schere zwischen Finanzzusage und tatsächlicher Mittelbereitstellung grotesk weit auseinander. Damit ist allerdings Schluss, falls in Zukunft tatsächlich das Finanzministerium alle Emissionshandelserlöse kassiert.

Leider ist Deutschland auch nicht das einzige G8-Land,und in Zeiten andauernder Weltwirtschaftsschwäche wohl auch nicht das letzte, daβ es mit seinen Finanzversprechen in Sachen internationaler Klimaschutz nicht ganz so genau nimmt. Auch die Soforthilfe-Gelder, die London in Kopenhagen zugesagt hat, immerhin £1,5 Milliarden über drei Jahre, sind keine neuen Finanzhilfen, sondern waren bereits im laufenden Entwicklungshilfebudget der Briten eingeplant. Zunehmend zynisch befürchten KlimafinanzexpertInnen bereits, daβ zumindest in diesem Jahr die in Kopenhagen versprochene Klimahilfe von US$10 Milliarden, wenn überhaupt, nur aus existierenden Hilfsprogrammen und nicht zusätzlichen Finanztöpfen zusammenkommt.

Kein Wunder, dass die internationalen Klimaverhandlungen an einer massiven Vertrauenskrise leiden, die ihre Handlungsfähigkeit lähmt: warum sollen die Entwicklungsländer, die in Kopenhagen von den Verschmutzerländern vollmundig dazu aufgefordert wurden, aktiv zur globalen Emissionsreduzierung zum Wohle aller beizutragen, Selbstverpflichtungen eingehen, wenn die Industrieländer ihre eigenen Zusagen nicht halten? Und welche Zusage könnte fundamentaler sein als die, den ärmsten Entwicklungsländern, die selbst kaum zum Klimawandel beigetragen haben, aber bereits massiv unter dessen Folgen leiden, rasch und unbürokratisch zusätzliche Finanzmittel für den Klimaschutz zur Verfügung zu stellen?

Im laufenden Haushaltsentwurf mag die Bundesregierung vielleicht €350 Millionen an Steuergeldern eingespart haben, international hat sie – nach einem schwachen Auftreten in Kopenhagen – noch weiter an Glaubwürdigkeit als Vorreiter im internationalen Klimaschutz verloren. Und dies ist eine Kostenstelle in der internationalen Politik, die nicht in Euro und Cent bewertet werden kann.


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