In vielen Entwicklungsländern sind Umweltaktivistinnen und -aktivisten Bedrohungen, Einschüchterungen und politischer Verfolgung ausgesetzt, vor allem dann, wenn sie mit ihren Aktionen und Informationen strategische Staatsinteressen berühren. Am 13. August hat die deutsche Klimaaktivistin Franziska Wittig eine zweiwöchige Haftstrafe angetreten. Gibt es da Parallelen?
Grund für ihre Inhaftierung ist die Besetzung der Baustelle des Kohlekraftwerks in Hamburg-Moorburg im Rahmen des Klimacamps vor zwei Jahren. Vattenfall baut dort ein Steinkohlekraftwerk, das jährlich etwa 9 Millionen Tonne CO2 ausstoßen wird. Neue Kohlekraftwerke und eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf weniger als 2 Grad über vorindustriellem Niveau (alles andere gilt als unbeherrschbare Klimakatastrophe) sind nicht vereinbar.
Geht es hier also um strategische Staatsinteressen? Um wessen Interessen geht es wirklich? Und welche Art von Widerstand ist legitim? Das müssen wir uns alle selbst beantworten.
Die Anti-Kohle- und Anti-Atombewegung haben die Frage für sich beantwortet und setzen ihre Widerstandsstrategien mit allen Mitteln um. Ich wünsche mir, dass die Sympathien und die Unterstützung für die Anti-Atombewegung, die es im Mainstream unserer Gesellschaft gibt, auch auf die Klimabewegung übertragen wird. Dafür müssen wir nicht bis nach Afrika schauen, sondern nur vor die eigene Haustür. Für ein Klima der Gerechtigkeit!
Franziska Wittig sitzt nun in der Justizvollzugsanstalt Karlsruhe-Bühl. Der Beginn ihrer Haft wurde von einer Demo begleitet und auch für die Entlassung in zwei Wochen sind weitere Aktionen geplant. Während ihrer Haft wird sie Tagebuch schreiben. Infos zum Gefängnisaufenthalt und geplanten Aktionen gibt es hier und hier.
Eine interaktive Karte zu allen Kohlekraftwerken in Deutschland sowie Infos zu geplanten Protestaktionen gibt es bei der Klima-Allianz.
nur um das etwas zu präzesieren: eine erwärmung über zwei grad gilt wissenschaftlich nicht als „unbeherrschbare klimakatastrophe“ (was auch immer das genau bedeuten soll). die wahrscheinlichkeit, dass bei einer solchen erwärmung vermehrt schwerwiegende Hurricans und Dürren eintreten steigt(vgl. http://www.yaleclimatemediaforum.org/2009/08/g8s-2-degrees-goal/).
Ich finde allzu alarmistische rhetorik sollte man sich in der ohnehin überhitzten debatte sparen.
Zur Übersicht über den aktuellen Stand der Wissenschaft empfehle ich den Synthese Report der Kopenhagener Klimawissenschaftskonferenz vom März 2009 (siehe dazu mein Beitrag: http://klima-der-gerechtigkeit.de/2009/06/22/klimawissenschaft-synthese-report/). Ich halte das für sehr dramatisch und finde nicht, dass wir der Gefahr auslaufen, falschen Alarm zu schlagen. Das Problem ist eher, dass kaum jemand die ganze Wahrheit hören – und schon gar nicht verkünden will.
es geht nicht um falschen alarm, sondern um den richtigen ton. wenn man die debatte in den usa verfolgt, sieht man, wie polarisierend das ganze thema bereits geworden ist (besonders gut in so manchem blog zu begutachten). stimme mit dir ja überein, dass ein zwei grad ziel absolut erstrebenswert ist, finde aber, dass ein begriff wie „unbeherrschbare klimakatastrophe“ sehr wertend und nicht sachliche argumentation ist. sowas wirst du im IPCC Report nicht finden.
Auch deine argumentationslinie bezüglich der kohlekraftwerke gilt nur unter der annahme, dass carbon capure and storage (CCS) technologien in den nächsten jahren *nicht* zur marktreife kommen (wie dann der co2 ausstoß in china reduziert werden soll wäre interessant zu hören). Die Nutzung von CCS ist übrigens die grundlage aller seriöser zahlen zu den kosten der vermeidung des klimawandels (von stern bis zum pik).
M.E. ist besonders in der klimadebatte eine klare trennung von fakten und meinungen wichtig.
Klima der Gerechtigkeit?
Die Probleme (Klimawandel, Artenvielfalt, Aufrüstung, Wassermangel, Wüstenausbreitung usw) sind bekannt und dies schon seit mehr als 30 Jahren. Ich persönlich glaube weder an einen Politischen noch Gesellschaftlichen Wandel vielleicht könnt Ihr mir Argumente gegen meine These liefern? Wir leben in einem Rechtsstaat, dementsprechend kann nur der Staat auf unzureichende Sicherheitsvorkehrungen für die Zukünftigen Generationen verklagt werden oder?
Tut unser Staat etwas unrechtes? Wir können frei wählen wo es hingeht und zwar alle 4 Jahre oder müsste unsere Parlamentarische Demokratie überarbeitet werden?
Wozu Aktivisten und Demonstrationen? Entweder ist das Recht auf deiner Seite und wenn nicht wird es in unserem Rechtsstaat wohl richtig sein ?!
Lieber Stefan, ich glaube auch an unsere Demokratie. Allerdings sehen wir in der Realität gerade, wie sie z.B. von den Lobbyisten der Atomindustrie unterwandert wird. Die Frage ist, wie diese Demokratie zu retten ist, damit sie die notwendigen Antworten liefert – auch für ein Klima der Gerechtigkeit. Lili
Hey
Danke für die Antwort.
Nun wenn Ich dich richtig verstehe, stellt sich die Frage wie unsere Demokratie angesichts von
starken Lobbyistenverbänden zu retten ist?
Dies würde allerdings implizieren, dass die gewählten Vertreter nicht im Interesse des Volkes
handeln, sondern teilweise eher die Interessen derjenigen die Macht und Geld besitzen
(Industrie). Weiter impliziert es, dass ein Großteil der Bevölkerung der Wähler (von ca. 50 % die Wählen gehen) soetwas nicht durchschaut, nicht interessiert oder bewusst wählt. Gegen diese Dummheit und Ignoranz muss Widerstand geleistet werden? Dies finde ich zeigt sich insbesondere bei der CDU und deren Spendengeber. Der Ausbau zu einem Überwachungsstaat scheint die Demokratie ebenfalls zu gefährden.
Retten heißt in Aktion zu tretten, doch wie auch schon im Haupttext stellt sich die Frage dann:
„Und welche Art von Widerstand ist legitim?“ Hierzu ein Textabschnitt aus dem Buch“Das Ende Von
der heiteren Hoffnungslosigkeit im Angesicht der ökologischen Katastrophe“ von Gregory Fuller.“Immer mehr in die Ecke gedrängt, möchte man etwas tun. Ich deute die alte Kantische
Frage um. Da wir alles tun können und leider schon alles Vernichtende getan haben: Was dürfen
wir, in einem moralischen Sinn, tun?
„Welchen Widerstand dürfen wir tatsächlich leisten?“ um die „Parlamentarische Demokratie“ zu
retten? um in einer „Zukunftstaugliche Gesellschaft“ leben zu können?
Schon die Weise Rose hatte in einem ihrer Flugblätter bemerkt:
„…Warum verhält sich das deutsche Volk angesichts all dieser scheußlichsten
menschenunwürdigsten Verbrechen so apathisch? Kaum irgend jemand macht sich Gedanken
darüber. Die Tatsache wird als solche hingenommen und ad acta gelegt. Und wieder schläft
das deutsche Volk in seinem stumpfen, blöden Schlaf weiter…“
Zwar haben wir keine Diktatur in Deutschland, jedoch genügend Themen wo wir ein Teil des
Verbrechens sind, um selbst davon zu profitieren (billiges Fleich, billige Kleidung Energieversorung (Atom) usw.).
Wie soll die Demokratie angesichts dieser Teilnahmslosigkeit, dieser Apathie gerettet werden? Natürlich finde ich die Demonstrationen und Aufklärungskampagen richtig und wichtig, doch
scheint es nicht eher so zu sein, dass die Aktivitäten kleine Leuchttürme im gewaltigen Sturm
sind? Somit ist es eine Farce zu glauben sowohl den Klimawandel als auch die anderen Probleme
in den Griff zu bekommen. Hier geht es ja noch darum die Frage zu beantworten:
„Jetzt geht es darum die Diskussion zu führen, wie wir ihn am besten bekämpfen.“
Wir werden den Klimawandel usw. nicht bekämpfen können, da weder das Volk in seiner Apathie
etwas bewerkstelligen wird, noch die sogenannte „Elite“ oder Politiker (insbesondere meines erachtens nach CDU / FDP)wo es um Milliarden Gewinne geht.
Dennoch würde es mich interessieren welche tatsächlich Konkreten Punkte Ihr für die Bekämpfung des Klimawandels in Kommunen vorschlägt die Pleite sind? Kein Geld … kein Klimaschutz…
Gruß
Stefan
Nicolas Stern sagt ja: Kein Klimaschutz, kein Geld – und daran glaube ich auch eher. Sprich: Klimaschutz macht auch wirtschaftlich Sinn. Das gilt auch langfristig für Kommunen. Spannende Arbeit zu Klimaschutz in Kommunen macht z.B. ICLEI: http://www.iclei.org/.