„Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt.“

Gastbeitrag von Dorothee Landgrebe

43 000 neue Jobs, ein höheres Wirtschaftswachstum um 02, %, mehr Klimaschutz – all das bringen schon Laufzeitverlängerungen von 12 Jahren. So wird es am Wochenende in allen Medien verkündet. Quelle: Das bis dato geheime Energieszenario der Bundesregierung.

Also ist eine Laufzeitverlängerung von 10-15 Jahren eventuell doch „fachlich“ wünschenswert, wie Frau Merkel am Sonntag verkündet? Die ersten Freunde rufen an und sind verunsichert.

Wie kommen die zu diesen Zahlen? Ich kann keine Antwort geben und nehme mir das Szenario vor: Fast 200 Seiten stark, mit vielen langen Tabellen . Wunderbar, hier wird Politik endlich mal nicht aus dem Bauch heraus entschieden, sondern objektiv wissenschaftlich begründet.

So weit, so falsch. Ein Blick in das Energieszenario ist selbst für den Laien ein Lehrstück in Volksverdummung. Titel: „Ich mache mir die Welt, wie sie mir gefällt“.

Denn hier werden nicht verschiedene Zukunftsoptionen gegenübergestellt: Hier wird darüber entschieden, ob wir die Laufzeiten 4, 12, 20 oder 28 Jahre länger laufen lassen. Das sog. Referenzszenario ohne Laufzeitverlängerung hat in Hinblick auf Klimaschutz, Jobs und BIP keine Chance: Denn hier wird keine alternative Energiepolitik mit massiven Investionen in Energieeffizienz und Klimaschutz als Politikalternative durchgerechnet. Sondern das Referenzszenario ohne Verlängerung ist zugleich durch weniger Klimaschutz- und Effizienzmaßnahmen, einem geringeren Ausbau der Erneuerbaren und niedrigeren CO2 Preisen gekennzeichnet.

Warum sollte der Verzicht auf eine Laufzeitverlängerung zu weniger Klimaschutzmaßnahmen und höheren CO2 Preisen führen? Die Autoren schweigen sich aus. Das Gegenteil ist anzunehmen.

Eine Laufzeitverlängerung hat das Potential den Ausbau der Erneuerbaren zu behindern. Denn die Großkonzerne haben kein Interesse, dass der gesetzlich vorrangig einzuspeisende Strom aus Erneuerbaren ihren Strom aus Kernkraft auf Dauer verdrängt. Wie beispielsweise zwischen September 2009 und Februar 2010: An 29 Tagen wurde so viel Windenergie erzeugt, dass ein Teil des nicht-erneuerbar erzeugten (Atom) Stroms zu „negativen“ Preisen auf dem Energiemarkt „verkauft“ werden musste. Dabei haben die negativen Preise teils erstaunliche Größen angenommen: Am 4. Oktober 2009 musste ein Energieversorger bis zu 1.500 €/MWh dafür bezahlen, seinen Strom abgenommen zu bekommen.

Warum sollte ich als Atomkonzern massiv in den Ausbau der Erneuerbaren investieren, wenn ich dann den Strom nicht mehr loswerde, der mir am meisten Gewinn bringt? Fazit: Solange Atomkonzerne Atomstrom verkaufen dürfen, werden sie die Energiewende behindern.

Wer wissen will, wie eine Zukunft ohne Laufzeitverlängerung aussehen könnte, sollte sich den Vergleich der vier wichtigen Niedrig-Energie-Szenarien für Deutschland ansehen, den Germanwatch gemacht hat. Sie zeigen, welche CO2-Reduktionen in Deutschland möglich sind und was getan werden muss, um diese zu erreichen: Ohne eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke und zu volkswirtschaftlich akzeptablen Kosten.

Lesetipp: Germanwatch hat das Energieszenarios der Bundesregierung hervorragend analysiert. Siehe hier.


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