Die Büroleiterin der Heinrich Böll Stiftung in Mexiko, Ingrid Spiller, berichtet in dieser Mini-Serie von den Vorbereitungen zum Klimagipfel, der vom 29.11. bis 10.12 in Cancun stattfindet.
Knapp einen Monat vor der COP 16 hat die mexikanische Regierung alle Zeichen auf Dialog und Kommunikation gestellt, und zwar in alle Richtungen, egal ob Regierungen, in- und ausländische Zivilgesellschaft oder Presse. Keine Ahnung ob die Gastgeber vorheriger Klimakonferenzen auch so rührig waren, aber die mexikanischen Funktionäre tanzen offensichtlich auf allen Hochzeiten.
Bi- und multilaterale Gespräche mit Regierungen in- und außerhalb des festgesetzten UN-Klimafahrplans, Treffen von wichtigen Funktionären wie z.B. dem mexikanischen Verhandlungsleiter Botschafter De Alba mit Zivilgesellschaft in Spanien, Argentinien und Chile und mit den wichtigen Lobby-Akteuren, von CAN bis Wirtschaft.
Aber auch wir hier in Mexiko können uns nicht beklagen. Regelmäßig lädt die Regierung zum Austausch über den Stand der Verhandlungen ein; letztlich hat sogar die Außenministerin Patricia Espinoza persönlich eine kleine und feine Gruppe von ca 12 Vertreter/innen der Zivilgesellschaft informiert.
Die Botschaft ist dabei immer die gleiche: Nach dem Fiasko von Kopenhagen kann nicht mehr viel erwartet werden. Die Fronten sind verhärtet, die Interessen zu verschieden und das Misstrauen zu groß, als dass in Cancun substantielle Fortschritte erreicht werden könnten. Das Gebot der Stunde lautet deshalb ‚Vertrauensbildung´.
Fernando Tudela, Vizeminister im Umweltministerium, hat kürzlich in einem Zeitungsinterview gesagt, dass in Cancun nicht nur das Klima sondern das System der Vereinten Nationen als solches auf dem Spiel steht. Zu viele Menschen seien inzwischen skeptisch, dass die Vereinten Nationen überhaupt dafür geeignet seien, solch komplexe Probleme zu lösen.
Deshalb also die vielen Reisen und das offensive Erwartungsmanagement, bloß nichts von Cancun zu erhoffen. Nachdem wir uns schon dran gewöhnt hatten, dass es zu keinem neuen bindenden Abkommen kommen wird, dass vor allem im Bereich der Emissionsminderung weiterhin eine große Lücke klaffen wird zwischen dem, was dringend notwendig ist, und was realisiert werden wird, kam die nächste kalte Dusche – diesmal von der Außenministerin in die Debatte geworfen – dass wir auch mit keiner Verlängerung des Kioto Protokolls rechnen können. Zu groß die Interessenunterschiede, sorry.
Ach so, kleine Fortschritte wird es natuerlich geben, etwa beim Thema Finanzierung und REDD. Da soll in trockene Tücher gebracht werden, was nicht ganz so strittig ist. Der Rest bleibt für die nächste COP in Südafrika.
Bei allem Realismus über die kaum vorhandenen Möglichkeiten, die Klimaverhandlungen wirklich substantiell voranzutreiben, tauchen langsam Zweifel auf, ob nicht doch ein bisschen mehr ´Leadership‘ angesagt wäre. Null Erwartungsdruck erzeugt auch null Ergebnisdruck. Das Fiasko von Kopenhagen war ja durchaus ein doppeltes: Nicht nur eine Bankrotterklärung ans Klima, sondern auch eine extrem schlechte öffentliche Meinung über die beteiligten Regierungen, allen voran natürlich die dänische. Das soll in Mexiko auf alle Fälle verhindert werden.
Wir haben deshalb in Mexiko gemeinsam mit anderen Organisationen eine Plakatkampagne “El cumbre climático en Cancun debe ser exitoso” (Der Klimagipfel in Cancun muss erfolgreich werden) gestartet, um auf die Auswirkungen des Klimawandels in Mexiko aufmerksam zu machen. Überschwemmungen, Trockenheit, Abholzung, Luftverschmutzung, Energie – alles Themen, die hier sehr aktuell sind. Zumindest die Presse hat es uns gedankt und ausführlich berichtet. Ob das wohl reichen wird?