In den USA wird wie wild nach Erdgas gebohrt, in den letzten Jahren vor allem nach den unkonventionellen Vorkommen, dem so genannten Schiefergas. Insgesamt durchlöchern fast 500,000 Brunnen die USA wie einen Schweizer Käse. Bei den meisten von ihnen kommt das so umstrittene Hydraulic Fracturing zum Einsatz, bei dem das Grundwasser kontaminiert wird und riesige Mengen an toxischen Abwässern anfallen. Jetzt rücken neue Ergebnisse ans Tageslicht.
Wissenschaftler der Umweltagentur EPA sind alarmiert, schreibt die New York Times. In einer bereits 2009 erstellten, aber bislang unveröffentlichten Studie analysieren die Wissenschaftler, dass die meisten Kläranlagen technisch nicht im Stande seien, die anfallenden Abwässer aufzubereiten. Denn in ihnen sind nicht nur toxische, sondern auch radioaktive Substanzen enthalten. Die Abwässer werden von den Kläranlagen aufbereitet und dann in die Flüsse eingeleitet. Flussabwärst wird an den großen Städten das Flusswasser von Trinkwasseraufbereitungsanlagen zu Trinkwasser verarbeitet .
Wegen einer Regulierungslücke tappt man aber weitegehend im Dunkeln. Nach dem US-Bundesgesetz dürfen an Trinkwasseraufbereitungsanlagen Tests auf Radioaktivität nur alle sechs bis neun Jahre durchgeführt werden. Die New York Times zeichnet zumindest für Pennsylvania nach, wie groß das Problem ist. Dort würden die Trinkwasser-Grenzwerte für Uran, Radium und weitere radioaktive Substanzen um das 25- bis 3000-fache überschritten.
Der Artikel gibt einen interessanten Einblick in ein Land, das seit seiner Gründung Ressourcenausbeutung betrieben hat. Die Behörden kommen ihrer Aufsichtspflicht nicht nach, entweder weil es politisch nicht opportun ist oder weil sie keine Mittel dafür haben. In Pennsylvania gibt es zum Beispiel keine unangekündigten Kontrollen der Behörden, ob an den Brunnen alle Standards eingehalten werden. Gasfirmen sind bei Unfällen selbst dafür verantwortlich, diese zu dokumentieren und zu beheben. Wenn ich das lese, wird mir ganz anders.
Erdgas und selbst Schiefergas kann unter bestimmten Bedingungen eine Brücke ins Zeitalter der erneuerbaren Energien sein. In den USA hinkt die Politik aber der technischen Entwicklung hinterher. Ein Land im strahlenden Gasrausch. Es ist sinnvoll, klare Regeln zu definieren, unter denen Erdgas gebohrt werden darf. Der Arbeitkreis Umwelt der grünen Bundestagsfraktion hat das vor kurzem für Deutschland in einem Positionspapier treffend so formuliert:
Das umstrittene Hydraulic Fracturing darf nicht angewendet werden, bevor nicht gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse über die Risiken und möglichen Folgen dieser Technologie aus den USA vorliegen und Gefährdungen für Mensch und Natur ausgeschlossen werden können.
Foto von Nicholas_T unter CCL