Dass die US-Klimabewegung eine neue Stufe des politischen Aktivismus erklommen hat, zeigt die gestrige Demonstration zum Abschluss der Power Shift 2011. Tausende junger Aktivisten und KlimaretterInnen sind gegen die US-Handelskammer auf die Straße gezogen – und haben nebenbei am Wochenende die Werkzeuge für eine echte Energie- und Klimawende in den USA entwickelt.
In den ersten zwei Jahren der Präsidentschaft Obamas hat sich die US-Umweltbewegung darauf konzentriert, ein Klimagesetz durch den Kongress zu drücken. Doch gegen die milliardenschwere Industrielobby hat man am Ende den Kürzeren gezogen. Das lag auch daran, dass die Gegenseite mit mehr Geld für Lobbying und Öffentlichkeitsarbeit einflussreicher im politischen Prozess war. Es läuft gerade eine Kontroverse über die Richtigkeit dieser Aussage und die Konsequenzen für die Umwelt-und Klimabewegung. Spannende Debatte, dazu gibt’s bald einen eigenen Eintrag.
Wenn im Kongress nichts mehr geht, ist es an der Zeit, den Druck auf und von der Straße zu erhöhen. Für die Power Shift 2011 sind mehr als 10.000 Klimaschützer aus allen Teilen des Landes nach Washington gekommen. Dabei haben die Klimaaktivisten hervorragende Bilder für die Medien produziert, Einblicke gibt’s auf The Grist und auf dem facebook-Profil des OV Washington von Bündnis 90/Die Grünen, auf dem ich meine Bilder eingestellt habe. Die Botschaft der Demonstration – die Lobby-Interessen in die Schranken zu weisen und mehr Einsatz von Präsident Obama in der Sache – wurden von den Zeitungen aufgegriffen, z.B. in der New York Times, dem National Journal und der Huffington Post.
Ich war von der Demo ziemlich beeindruckt. Es war mit mehren tausend Teilnehmerinnen und Teilnehmern die seit Jahren größte Umweltdemonstration, die in Washington auf die Straße gezogen ist. Die Aktionen waren klar in der politischen Botschaft und hatten einen hohen Unterhaltungswert. Es waren viele Studenten, die sich nicht länger mit dem Status Quo abfinden wollen. Sie kamen aus allen Ecken des Landes, waren bunt gemischt – Weiße, Schwarze, Latinos, Asians – und energievoll und politisch aufgeladen. Dabei gingen nicht nur Umweltaktivisten auf die Straße, sondern auch Vertreter der Gewerkschaften, die sich gegen die Nachtwächterstaat-Ideologie der Rechten wehren. Die Stärke der Republikaner und des Tea-Party-Movements führt zu neuen Allianzen und hilft dabei, die progressiven Kräfte zu bündeln.
Die Aktivisten haben am Wochenende in Semiaren und Workshops das Handwerkszeug für Campaigning gelernt, um es zurück in jeden Winkel der Vereinigten Staaten zu tragen. Das stimmt optimistisch. Eine Gruppe der Aktivisten hatte zudem die rare Gelegenheit, dem Präsidenten ihre Meinung zu sagen. Obama kann es sich im Hinblick auf den Wahlkampf kaum leisten, die Klimabewegung zu verprellen. Es sind genau diejenigen jungen Leute, die in 2007 und 2008 für den damaligen Senatoren Wahlkampf gemacht und damit ins Weiße Haus gebracht haben. Aus dem Ausland betrachtet hätte das alles natürlich viel früher kommen müssen. Es lohnt nicht, über vergossene Milch zu klagen. Anpacken ist jetzt angesagt. Mit Power Shift, einer Energiewende und einer Machtwende.
Foto: privat.