Als möglicher „Startschuss für einen Sinneswandel in der US-Politik“ wird diese Meldung interpretiert: Der einflussreiche republikanische Politiker John Boehner hat ein Ende der staatlichen Hilfen für Ölkonzerne ins Gespräch gebracht. Grund ist der Ärger über die hohen Benzinpreise.
Man traut ja seinen Augen kaum, wenn man Spiegel Online hierzu liest:
Hohe Benzinpreise in den USA sorgen für Verärgerung bei Verbrauchern und bei Politikern. Das könnten auch die mächtigen Ölkonzerne zu spüren bekommen. Die Macht ihrer Lobby scheint zu bröckeln. So rief der republikanische Präsident des US-Repräsentantenhauses, John Boehner, dazu auf, die milliardenschweren Steuervergünstigungen für große Ölkonzerne zu prüfen. Der Regierung fehle es an Einnahmen, und Ölfirmen „sollten ihren gerechten Anteil zahlen“, sagte Boehner in der Fernsehsendung „ABC World News“. Er wolle aber zuerst alle Fakten vorliegen haben.
Hier das Original-Interview mit John Boehner auf dem TV-Sender ABC.
John Boehner ist einer der mächtigsten Figuren im Lager der Republikaner und im Kongress der Gegenspieler zum Präsidenten. Seine Worte haben Gewicht. Boehner hat die Ölkonzerne bislang immer verteidigt und wurde von ihnen entsprechend im Wahlkampf mit Millionen unterstützt. Die Republikaner sind der Grund, warum Chevron & Co noch immer von milliardenschwere Steuervergünstigungen profitieren, die unter George W. Bush eingeführt wurden. Die und steigende Ölpreise führen dazu, dass die Konzerne satte Gewinne einfahren. Mit einem Ölpreis von über 100$ pro Barrel wird für Exxon Mobil eine Gewinnsteigerung von mehr als 50% für 2011 vorausgesagt. Jenes Exxon Mobil, das im Jahr 2008 den Weltrekord für ein einzelnes Unternehmen mit einem Reingewinn von 45$ Milliarden aufgestellt hat.
Dass jetzt aus der republikanischen Parteispitze ein Signal kommt, man müsse sich die Besteuerung der Energiemultis nochmal genauer anschauen, dürfte kein Sinneswandel sein. Eine gute Nachricht ist es aber dennoch. Denn sie verdeutlicht, dass Ölkonzerne und Republikaner angesichts steigender Benzinpreise an den Tankstellen in die Defensive kommen. Ihr Credo vom „Drill, Baby Drill!“ und „Drill Now, Pay Less, Vote GOP“ oder der Versuch, Umweltgesetzen die Schuld für hohe Energiepreise in die Schuhe zu schieben, dringt nicht mehr durch.
Obama und die Demokraten fordern, 4 Milliarden US$ an Subventionen der Ölkonzerne zu kappen. Wenn John Boehner es mit seinem Anliegen ernst meint, sollte eine Einigung schnell möglich sein. Die Streichung der Subventionen ist überfällig. Doch sie kann nur der Anfang sein, um die USA un abhängiger vom Öl zu machen. Ohne ehrliche Diskussion über schärfere Verbrauchsstandards für Autos, eine intelligente Flächen- und Verkehrsplanung sowie höhere Benzinsteuern werden sich die USA nicht aus ihrer Abhängigkeit vom Öl befreien.
Nicht zu vergessen: Vor rund einem Jahr explodierte die Ölplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko. Zum ersten Jahrestag des Öldesaster kommen nun eine Reihe von Büchern auf den amerikanischen Markt. Das Unglück der Deepwater Horizon wird aus verschiedenen Blickwinkeln unter die Lupe genommen- was technisch genau schief gegangen ist, welche Lücken in der politischen Regulierung den Unfall überhaupt ermöglicht haben, wie die Menschen am Golf davon betroffen sind etc. Kate Sheppard vom Magazin Mother Jones hilft bei der Auswahl der Lektüre weiter.