Die Erneuerbaren können den Atomausstieg kompensieren! Doch ohne funktionierenden CO2-Handel und ambitioniertere Ordnungspolitik hilft auch das nicht. So jedenfalls könnte das Fazit des des Reports der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen vom letzten Mittwoch lauten. Die aus Reihen der Energiewirtschaftskonzerne hervorgegangene „AGEB“ bringt mehrmals jährlich einen aktuellen und sehr verständlichen Überblick über die Nutzung von Energieträgern in Deutschland hervor. Schockieren ist meines Erachtens die Analyse des Jahres 2012. Zwar können die Erneuerbaren Energien, angetrieben von einer (noch) boomenden Photovoltaikbranche, ziemlich genau die wegfallende Kernenergie in der Bilanz ausgleichen. Doch auch der Verbrauch von Stein- und Braunkohle legte zu. Insgesamt stieg der Jahresenergieverbrauch leicht an, was die AGEB auf das Schaltjahr und den kalten Winter zurückführte. Im Umkehrschluss heißt das aber, es kam nicht zur notwendigen Senkung des Endenergieverbrauches. Effizienz und Suffizienz sind aber geboten, wenn wir die natürlichen Grenzen unserer Umwelt nicht noch weiter ausreizen wollen. Der verstärkte Einsatz von dreckiger Kohle wird auch das Klima schädigen. Deutschland hat seine Vorreiterrolle hier endgültig verloren.
„Der Zuwachs beim Energieverbrauch sowie der verstärkte Einsatz fossiler Energieträger wird voraussichtlich zu einer absoluten Erhöhung des CO2-Ausstoßes in Deutschland führen. Bereinigt um den Temperatureinfluss hat sich der CO2-Ausstoß geringfügig vermindert.“ (PM der AGEB)
Das macht aber noch einmal umso deutlicher, dass Energiewende mehr ist, als nur Erneuerbare zu fördern. Es muss aktiv gegen Kohle vorgegangen werden, sonst wird uns dieser schädliche Energieträger in eine Welt mit Millionen Klimaflüchtlingen, Überschwemmungen, den Tod bringenden Hurricanes und vielem mehr befördern. Kohle ist ein Killer, dass müssen Merkel & Co endlich begreifen!
Problematisch ist dabei natürlich, dass die Erneuerbaren teilweise dort angezapft werden, wo es keine ausreichende Nachfrage gibt. Das führt zu Abregelungen, welche – danke der eigentlich wichtigen Einspeisevergütungsgarantie – unnötige Kosten verursachen. Auch deshalb brauchen wir einen geordneten Netzausbau! Größtes Hindernis hier: Kabinettnesthäkchen Philip Rösler, der Energiewende gegen Natur und gegen Bürger/innen ausspielt und damit ihr die AKzeptanz unter dem Beinen wegzieht. Mit mehr Netzausbau würde es schon heute mehr Erneuerbare im Strommix geben. Diese Diskrepanz wird in den kommenden Jahren weiter steigen!
Ein weiteres Problem ist die fehlende Flexibilität von Kohlekraftwerken. Die Erneuerbaren brauchen zwar (leider) immer noch fossile Residuallast, also „Ausgleichsenergie“ (siehe graue Fläche, Grafik unten), aber diese muss (a) flexibel, (b) verfügbar und (c) CO2-arm sein. Kohle ist nur verfügbar, aber weder klimafreundlich noch flexibel. Die neuen BoA-Kraftwerke sind dabei eine Lebenslüge. Denn auch sie können nicht – so wie Gaskraftwerke – innerhalb weniger Minuten ganz hoch und ganz runter gefahren werden. Bei Kohle gibt es immer einen Grundlast. Da der CO2-Handel nicht funktioniert ist Braunkohle aus abgeschriebenen Kraftwerken heute total billig. Die alten Möhren laufen derzeit in Lausitz und Rheinland auf Hochtouren fast das gesamte Jahre. Diese erhöhte Anzahl an Jahresvolllaststunden (sowie das neue Kraftwerk in Neurath) sorgen für den krassen Anstieg an Braunkohlestrom. Braunkohle ist derzeit einer der Gewinner der Energiewende, Gas ist der Verlierer. Denn damit sich fossile Kraftwerke rechnen, müssen sie laufen und laufen und laufen und laufen… Braunkohle tut das. Gas nicht, denn das wird ja nur zu wenigen Stunden (in windstillen Nächten) gebraucht.
Fazit: Auch wenn die Erneuerbaren wachsen, müssen wir uns um ein besseres Management der Fossilen sorgen.
Ein Lösungsansatz wäre, über höhere Effizienzwerte die alten Braunkohlemöhren einfach die Betriebserlaubnis wegzunehmen. Dann laufen die als Grundlast nicht mehr das gaze Jahr durch und es ist Platz für mehr Erneuerbare und für Gaskraft im Energiemix. Gas würde dann wieder im Geld stehen und könnte als „Brücke“ genutzt werden. Denn mittelfristig brauchen wir die hochflexiblen Gaskraftwerke um die Systemstabilität zu wahren. Die CO2-Emissionen würden zudem rasant sinken. Allerdings auch die Gewinne der Großkonzerne. Das ist wohl auch der Grund, warum Braunkohle derzeit noch so sehr von der Politik gehätschelt wird.
Die Wiedereinführung der Förderabgabe für Braunkohle zum Beispiel würde der Energiewende schon sehr helfen.