Heute ist nun endlich der bereits vieldiskutierte World Energy Outlook 2008 der International Energy Agency in London gelauncht worden (siehe auch hier und hier und hier).
Der Report gibt zum einen eine Diagnose über die Produktion, Nachfrage, Investitionen etc. im Öl- und Gassektor bis 2030, entwickelt ein Referenz-Szenario („laissez-faire fossil-energy future“), das einen globalen Temperaturantsieg von bis zu 6 °C bedeuten könnte, und kontrastiert dieses dann mit zwei Szenarien, die die globale Erwärmung auf 3 bzw. 2 °C eindämmen. Ziel ist es, Entscheidungsträgerinnen und -trägern Szenarien und Daten anzubieten, die es zulassen, dass sie eine Klimapolitik mit Blick auf unsere Energiebedarfe und die notwendigen Investitionskosten leisten.
Ob das die richtige Art von Politikberatung ist, sei hier mal dahin gestellt. Man darf zumindest anzweifeln, ob die vollständige Deckung unseres stets steigenden Energiebedarfs (basierend auf steigendem Konsum, z.B. von Fleisch, Luxusgütern, Autos etc.) tatsächlich das hauptsächliche Ziel nachhaltiger und vorausschauender Politik sein sollte…
Hier eine Auswahl meiner Lese-Highlights:
ENERGIESZENARIEN
Bezieht sich auf das Referenz-Szenario und meint den Zeitraum bis 2030.
- Zum Thema Peak Oil sagt die IEA zum einen „The era of cheap oil is over.“, macht aber zum anderen auch sehr deutlich, dass das Problem nicht die Endlichkeit der Ressourcen, sondern die mangelnden Investitionen seien: Die Ölproduktion hat ihren Peak zwar in fast allen Nicht-OPEC-Staaten schon erreicht und wird dies bis 2030 in den anderen noch tun, aber: „The World is not running short of oil or gas just yet.“
- China und Indien machen gut die Hälfte des Wachstums der Nachfrage an Primärenergie aus. Die globale Nachfrage nach Öl und Gas wächst um jährlich 1 %, sprich von 85 auf 106 mbpd (million barrels per day). Bei Kohle steigt sie um 2 % pro Jahr (macht 2030 dann 29 % des globalen Energiebedarfs aus, 2006 noch 26 %), davon fallen 85 % auf den Stromsektor in China und Indien. Die Nachfrage nach Erneuerbaren Energien (minus Bioenergie) wächst gar jährlich um 7,2 %.
- $ 26 Billionen an kumulativen Investitionen in Energieinfrasturktur benötigt (2007 wurden noch 4 Billionen weniger vorhergesagt (für 2007-2030).
- Ölpreis: durchschnittlich $ 100 pro Barrel für den Zeitraum 2008 bis 2015 werden erwartet, ab 2030 mehr als $ 120. Außerdem extrem schwankende Preise.
- Weltweite Ölproduktion: Zunahme von 84 auf 106 mbpd, davon der Großteil aus unkonventionellem Öl (gas to liquid, Ölsande etc.). Konventionelle Ölproduktion legt nur um 5 mbpd zu! Großteil kommt aus OPEC Ländern.
- Globale Ölreserven (inkl. Natural gas to liquid und Ölsande etc.) werden auf 1,2 oder 1,3 Billion Barrels geschätzt. Die Ressourcen auf 6,5 Billionen (bzw. 9 Billionen , wenn man Kohle und gas to liquid einbezieht). Russland, Katar und Iran haben zusammen 56 % der globalen Ölreserven. Wichtig: Reserven sind die potentiell ausbeutbaren Ressourcen. Das wird oft verwechselt.
- Notwendige Investitionen in den Upstream Sektor (Öl- und Gasproduktion): $ 350 Milliarden pro Jahr im Durchschnitt.
- Die Macht der nationalen Ölgesellschaften nimmt zu, die der großen multinationalen Ölkonzerne nimmt ab.
- Ölreiche afrikanische Staaten wie Nigeria oder Angola müssten nur insgesamt 0,4 % ihres Einkommens aus dem Öl- und Gassektor einsetzen, um allen ihren Bürgerinnen und Bürger einen minimalen Zugang zu Energie zu gewährleisten.
KLIMASZENARIEN
- Das Referenz-Szenario sagt eine Verdopplung der CO2-Konzentrationen voraus und langfristig einen Temepraturanstieg von bis zu 6 °C.
- 97 % des Anstiegs der CO2-Emissionen fallen auf Nicht-OECD-Länder (75 % auf China, Indien und Mittleren Osten zusammen).
- Die Hälfte der produzierten Elektrizität (2030) kommt aus Kraftwerken, die heute schon operieren. Das heißt, dass wie diese Emissionen nur stoppen können, wenn diese Kraftwerke abgeschaltet werden.
- Die OECD Staaten allein können die Welt nicht auf einen 2 Grad Pfad bringen, auch wenn sie ihre Emissionen auf 0 reduzieren. Siehe hier das Greenhouse Development Rights Framework, das auf diese Frage eine innovative Antwort gibt.
- Zu den 2 Szenarien von 550 ppm (3 °C) bzw. 450 ppm (2 °C) (jeweils CO2 Equivalent): 2°C kosten $ 5,1 Billionen (an zusätzlichen Investionen gegenüber dem Referenzszenario, zwischen 2010 und 2030) bzw. 0,55 % des jährlichen globalen GDPs. 3°C kosten $ 4,1 Billionen bzw. 0,24 % des globalen GDP.
Die IEA-Mutter OECD hat übrigens auch vor wenigen Tagen ihren Umweltausblick bis 2030 herausgegeben.