Bob Watson kann eine eindrucksvolle Karriere aufweisen. Ich zitiere aus der Wikipedia (leicht gekürzt):
Dr Watson joined the World Bank as Senior Scientific adviser in the Environment Department in 1996, became Director of the Environment Department and Head of the Environment Sector Board in 1997 and is currently the Chief Scientist and Senior Adviser for Sustainable Development. He took up a position as Chair of Environmental Science and Science Director of the Tyndall Centre at the University of East Anglia, United Kingdom, in August 2007 and joined the British Government’s Department for Environment, Food and Rural Affairs (Defra) as Chief Scientific Adviser in September 2007.
Prior to joining the World Bank, Dr Watson was Associate Director for Environment in the Office of the President of the United States in the White House and prior to that, Director of the Science Division and Chief Scientist for the Office of Mission to Planet Earth at the National Aeronautics and Space Administration (NASA).
He was Chair of the Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) from 1997 to 2002 and Board co-chair for the Millennium Ecosystem Assessment from 2000 to 2005. …
In seiner Funktion als wissenschaftlicher Chefberater des britischen Umweltministeriums hat er nun die Empfehlung ausgesprochen, dass Großbrittannien Anpassungstrategien für den Fall eines globalen Temperaturanstiegs von vier Grad entwickeln sollte (Meldung des britischen Guardian). Der frühere wissenschaftliche Chefberater der britischen Regierung, Sir David King, hat dies mit folgendem Argument unterstützt:
Auch bei einer Begrenzung der atmosphärischen CO2-Konzentration auf 450 ppm – was nur bei einem ambitionierten Klimaschutzprogramm möglich sein wird, aktuell haben wir 380 ppm CO2 und 2 ppm jährlichen Anstieg – auch dann werden wir die kritische Schwelle von 2 Grad globaler Erwärmung mit 50% Wahrscheinlichkeit überschreiten, und 3,5 Grad mit 20% Wahrscheinlichkeit.
Sir David King warnt aber auch, dass wir bei solch starker Erwärmung möglicherweise in den Bereich starker positiver Rückkopplungen (Selbstverstärkungseffekte, runaway climate change) kommen.
Der Buchautor Oliver Tickell warnt jedoch: Auf einem um 4 Grad wärmeren Planeten können wir uns nur noch auf das Aussterben vorbereiten. M.E. eine etwas überzogene Formulierung, stark dezimiert wird ein Teil der Menschheit sicher auch auf einem 4 Grad wärmeren Planeten überleben. Zahlreiche Städte an den Küsten werden wir ganz oder teilweise aufgeben müssen.
Richard Tol, einer der renommiertesten Ökonomen des Klimawandels, hat einmal die Frage der Anpassung an einen Meeresspiegelanstieg von 5 Metern in den Mündungsgebieten von Rhone, Rhein und Themse untersucht. Seine Schlussfolgerung:
The three case studies suggest that, although protection is technically possible, a combination of accommodation and retreat is the more likely adaptation strategy. The face of London would change dramatically, while the Rhine and Rhone delta would be largely given up. In the case of the Rhine, this would imply a major relocation of population and industry.
Amsterdam, Rotterdam und Den Haag wären aufzugeben, ein industrieller Ballungsraum von mehreren Millionen Menschen.
Ich würde mich der Forderung von Watson anschliessen und die Bundesregierung auffordern, als Teil einer nationalen Strategie der Anpassung an den Klimawandel die Auswirkungen von 4 Grad globaler Erwärmung auf Deutschland zu untersuchen, und die möglichen Anpassungs- (bzw. Rückzugs-)Szenarien zu entwickeln.
Denn das Durchdenken des Undenkbaren hat einen wichtigen Effekt. Hierzu Sir David King über die britischen Erfahrungen mit der Planung von Anpassungsmaßnahmen an 2 Grad Klimawandel:
… a two-and-half-year analysis by the government’s Foresight programme on the implications for coastal defences had more impact in the corridors of power than any other research on the effects of climate change that he presented.
„No other single factor focussed the minds of the cabinet more than the analysis that I produced through that … We begin to have to talk about ordered retreat from some areas of Britain because it becomes impossible to defend,“ he said. „There’s no choice here between adaptation and mitigation, we have to do both.“
Wie formulierte es Prof. Schellnhuber, Direktor des PIK, so klar: Wir müssen beides tun – das Unbeherrschbare vermeiden, und das Unvermeidbare beherrschen. In welche Kategorie 4 Grad Klimawandel wohl gehört?