Schmaler Grat für die EPA

Zum Jahreswechsel wird die US-Umweltbehörde Klimaschutz per Ordnungsrecht vollstrecken. Doch der Grat ist schmal für die EPA. Die Republikaner beschwören den Untergang des Abendlandes und wollen ihre neue Stärke nutzen, um Obama vorzuführen. Für Klimaschützer könnte das am Ende eine gute Nachricht sein.

Obama setzt jetzt durch, was zu den Beratungen des Klimagesetzes immer wieder angedroht wurde: Wer nicht hören will, muss fühlen. Nachdem ein nationales Klimagesetz in den Mühlen des Kongresses versandet ist, wird die Regierung den Klimaschutz per Ordnungsrecht regulieren (so berichten auch taz, FTD und SZ). Dabei hat sie keine Wahl. Der Supreme Court hat mit seiner Entscheidung in 2007 der Umweltagentur nicht nur das Recht gegeben, CO2 zu regulieren. Weil CO2 auch der menschlichen Gesundheit schade, ist die Umweltagentur verpflichtet, es zu regulieren. Sie muss den CO2-Ausstoß von Kraftwerken und anderen Industrieanlagen begrenzen.

Grundlage für den Eingriff ist das Luftreinhaltegesetz. Was genau aber wird in den kommenden Monaten von der Umweltagentur reguliert?

1. Der CO2-Ausstoß von neuen Industrieanlagen. Nach dem New Source Review müssen die Betreiber nachweisen, dass in ihrer Anlage die beste verfügbare Technik (Best Available Control Technology, BACT) zum Einsatz kommt. Ohne Nachweis keine Betriebsgenehmigung. Die Regel gilt zunächst für neue und die Modernisierung existierender Anlagen ab einem jährlichen Ausstoß von 100.000 bzw. 70.000 Tonnen CO2. Sie dürfte vor allem den Neubau von Kohlekraftwerken erschweren. Im Nachhinein war die Wirtschaftskrise ein Segen für den Klimaschutz. Wegen ihr sind viele Kraftwerksprojekte auf Eis gelegt worden. Wären diese Anlagen vor 2011 in Betrieb gegangen, hätten sie das alte Anlagenrecht einhalten müssen. Jetzt, wo die Wirtschaft wieder anspringt und die Nachfrage nach Energie steigt, müssen die Kraftwerke die neuen Standards erfüllen.

2. Der CO2-Ausstoß von exisitierenden Industrieanlagen. Kurz vor Weihnachten hat die EPA einen Zeitplan für die New Source Performance Standards von Kraftwerken und Ölraffinierien vorgelegt. (Ja, der Name ist verwirrend, weil es um existierende Anlagen geht.) Die noch festzulegenden Grenzwerte sollen ab Mai 2012 für Kraftwerke und ab November 2012 für Ölraffinierien eingeführt werden. Damit decken sie 40 Prozent aller US-Emissionen ab. Grenzwerte für andere Anlagen folgen ebenfalls, hier die Übersicht der Standards.

3. Neben diesen zwei zentralen Stellschrauben zur direkten CO2-Regulierung wird die EPA aber auch andere Standards verschärfen bzw. einführen, die erheblichen Einfluss auf den Betrieb und die Neubauplanung von Kohlekraftwerken haben. Dabei geht es um konventionelle Luftschadstoffe wie Quecksilber, Schwefeldioxid und NOx , die Behandlung der Kohleasche und die Nutzung von Kühlwasser an Flüssen.

Wie scharf die Grenzwerte ausfallen, ist noch offen. Die Beamten der EPA halten den Ball flach und betonen, dass es unter dem Luftreinhaltegesetz ähnliche Auflagen in den letzten 30 Jahren gegeben hat. Die rechte Lobby wettert gegen eine neue Energiesteuer durch die Hintertür. Mit alarmistischen Studien (z.B. von American Solutions for Winning the Future) wird die Angst vor hohen Kosten und landesweiten Stromausfällen geschürt.

Dies ist erst der Auftakt von einem Hauhen und Stechen, das in den nächsten Monaten droht. Beim Setzen dieser Grenzwerte geht es nicht um den geordneten Vollzug nach preußischem Recht. Die deutsche Auseinandersetzung um die EU-Vorgaben zu den Umweltzonen war dagegen ein Sturm im Wasserglas, wo die politischen Fronten zwar verhärtet, das Ergebnis aber absehbar war. Die nächsten Monaten werden zu einem Spießrutenlaufen für die EPA-Chefin Lisa Jackson. Es ist ein schmaler Grat für die Leiterin der Umweltbehörde (wie auch die New York Times analysiert). Sie wird sich keine taktischen Fehler erlauben dürfen. Ob sie ambitionierte Grenzwerte durchsetzen kann, wird am Ende davon abhängen, ob sie die Unterstützung des Weißen Hauses und von Obama hat.

Dass die Regierung den Kampf um die Klimaregulierung in die heiße Phase des Präsidentschaftswahlkampfes legt, ist eine gute Nachricht für alle Klimaschützer. Obama wird von den Republikanern angegriffen, mit Klimaschutz die Wirtschaft abzuwürgen. Das war in 2008 anders. John McCain und Obama sahen beide die Notwendigkeit, dass die USA endlich einsteigen müsse beim Klimaschutz. Folglich stritten die Kandidaten über andere Themen. In den letzten zwei Jahren ist Klimaschutz zu einem klaren Unterscheidungsmerkmal zwischen Republikanern und Demokraten geworden. Lässt sich der Präsident von den Republikanern vorführen und gibt am Ende gar nach, wird ihm das als Niederlage auslegt. Für Obama gibt es kein Zurück: Er wird beim Klimaschutz in die Offensive gehen müssen, wenn er eine zweite Amtszeit anstrebt.


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