Hinweis für unsere Leser/innen: Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) hat unter der Leitung von Annette Schavan, vielen eher aus den negativen Schlagzeilen rund um die Bildungsproteste bekannt, eine Studie zum Thema „Geo-Engineering“ beim Kiel Earth Institutin Auftrag gegeben. Dabei wurden verschiedene Forschungsgruppen koordiniert und am Ende kam der Bericht „Gezielte Eingriffe in das Klima? Eine Bestandsaufnahme der Debatte zu Climate Engineering“ (pdf) heraus. Verschiedene Medien, u.a. die TAZ berichteten heute bereits. Daher auch hier Berhard Pötter, der gut zusammenfasst:
„Auf 180 Seiten hat das Ministerium Dutzende von Wissenschaftlern die umstrittenen Theorien bewerten lassen, mit denen der Klimawandel gebremst werden soll, ohne dabei die Emissionen von Treibhausgasen senken zu müssen. Nicht nur Klimawissenschaftler und Ozeanografen, sondern auch Ökonomen, Juristen und Sozialforscher […] Ihr Fazit: Es gebe „kein risikofreies Climate-Engineering“: Die Daten über Wirksamkeit und Nebenwirkungen seien kaum verlässlich, die Technik könne internationale Konflikte auslösen und nationale Alleingänge seien völkerrechtlich verboten. Grundsätzlich würden die langfristigen Kosten unterschätzt und die Klimapolitik könne an Bedeutung verlieren. Schließlich würde bei einem Ausstieg aus manchen Techniken ein „rapider Klimawandel eintreten, der möglicherweise sogar stärker wäre als jener, der ohne vorherigen Einsatz der Technik entstanden wäre“ – so würde also der Klima-Teufel mit dem CE-Beelzebub ausgetrieben.“ (zum Artikel)
Bitte nicht verwirren lassen – das hier erwähnte „Climate Engineering“ ist das gleiche. Ich bin mir auch noch nicht sicher, warum die Kieler scheinbar einen relativ neuen Begriff etablieren wollen. Aus dem Bericht möchte ich aber kurz einige Zitate hervorheben und dadurch allen empfehlen die das interessant finden, sich diesen Wolf im Schafspelz selbst genauer anzusehen.
„[Es] ist zu erwarten, dass die unilaterale Durchsetzung von Climate Engineering eine umfassende Politisierung der Klimapolitik zur Folge hätte.“
Hierzu muss an die Geschichte von Pat Mooney (BANG) erinnert werden. Hier kommt es auch zu geopolitischen Verwerfungen, welche durch sich verstärkende Ungerechtigkeiten in Folge von solchen Geo-Experimenten entstehen. Gleichzeitig sehen die Wissenschaftler das Potenzial einer kritischen Öffentlichkeit scheinbar für eingeschränkt:
„Für die öffentliche Wahrnehmung von Risiken spielen objektive Wahrscheinlichkeiten eine untergeordnete Rolle“ […] „Analysen zeigen, dass in der Wissenschaftscommunity, in Blogs und in den Medien die Besorgnis besteht, dass bereits mit der Erforschung beziehungsweise der Entwicklung von CE-Technologien als Konsequenz auch deren zukünftige Anwendung wahrscheinlich ist. Diese Bedenken stützen sich vor allem auf die Beobachtung bei der Entwicklung und Einführung anderer Technologien (Kernenergie, Gentechnik und Nanotechnologie). Hier standen zunächst die Möglichkeiten und Chancen im Vordergrund und erst nach und nach wurden die Risiken thematisiert. Insofern ist es denkbar, dass manche CE-Technologien eingesetzt werden, bevor ihre Konsequenzen in ausreichendem Maß erforscht worden sind.“
Auch wird nachgewiesen, dass die Meinungen hierzulande bisher divers und diffus sind. In der Tat muss es meiner Meinung nach eine Allianz der großen NGOs mit Bewegungsakteuren geben, welche die „Hands Off Mother Earth„-Kampagne hier nach Deutschland transportiert.
„Bei den führenden NGOs, wie Greenpeace Deutschland, Robin Wood, dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und dem Naturschutzbund Deutschland (NABU), finden sich bislang keine Stellungnahmen und Informationen zum Climate Engineering.“ […] „In Deutschland stellt sich die generelle Haltung gegenüber Climate Engineering momentan noch sehr heterogen dar, tendenziell ist aber die Berichterstattung eher kritisch oder ablehnend.“
Der Bericht bemüht sich um eine sachliche Grundausrichtung. Das hängt natürlich vom Blickwinkel ab; Befürworter und Gegner von Geo-Engineering können sich über einige Stellen ärgern. Ich finde es erstmal gut, dass es diesen Bericht überhaupt gibt. Er weist an vielen Stellen (kurz und knapp) potenzielle Probleme auf. Eines, welches weniger technisch als politisch und ethisch ist, wäre die Einbeziehung von Geo-Engineering in den Emissionshandel.
„Es gibt aber bereits nicht regulierte Märkte: sogenannte CO2-offset Märkte, auf denen CO2-Gutschriften erworben werden können, um z. B. Flüge klimaneutral zu gestalten. Entsprechend existieren bereits begrenzte kommerzielle Anreize für die Entwicklung von CDR-Technologien um zum Beispiel CO2-offsets aus Eisendüngung im Ozean zu handeln.“
Wenn es nur darum geht, möglichst viele CO2-Zertifikate zu bekommen, wäre das neue Technologien-Tableau allein schon ein gefundenes Fressen. Zum Glück wurde auf der CBD-Konferenz in Nagoya erstmal ein Moratorium für Geo-Engineering erlassen. Hoffen wir auf mehr Debatte, Forschung und feste Regeln im Sinne des Vorsorgeprinzips – denn der Planet darf nicht zum Experimentierfeld werden.