„Sustainable Energy for All“ – Aber für wen genau? Welche Art von Energie? Und um welchen Preis?

2012 ist das UN Jahr für „Sustainable Energy for All“ – also nachhaltiger Energie für alle. Die Frage von Zugang zu sauberer Energie ist in der Tat eine zentrale Entwicklungsfrage und steht zu Recht hoch auf der politischen Agenda. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon hat hierfür eine „High-Level Group“ ins Leben gerufen, die nun gerade ihre „Global Action Agenda“ vorgelegt hat und damit Empfehlungen für Investitionen in 11 Schlüsselbereichen vorgibt. Der Grundgedanke ist, dass es möglich sein soll, entlang einer gemeinsamen Vision durch ein hochrangiges Gremium öffentliche und private Akteure zu vernetzen, um die notwendigen Finanzen zu mobilisieren.

Die gemeinsame Vision besteht dabei aus drei Zielen, die bis 2030 erreicht werden sollen:

  • Universeller Zugang  zu modernen Energiedienstleistungen;
  • Verdopplung der globalen Energieeffizienzsteigerungsrate;
  • Verdopplung des Anteils Erneuerbarer Energien am globalen Energiemix.

Und hier liegt jetzt auch schon das Grundproblem: Diese Ziele sind gerade lächerlich, wenn wir noch ernsthaft versuchen wollen, den Klimawandel auf 2 °C zu begrenzen. Die Internationale Energieagentur (IEA) beziffert den Anteil Erneuerbarer Energien am globalen Energiemix im November 2011 auf 13 % und geht bis 2035 von einer Steigerung auf 18 % aus. Sollen wir jetzt ernsthaft bejubeln, dass wir dieses Ziel auf 26 % bis 2030 anheben? Was ist mit der klaren Botschaft der Klimawissenschaft, dass wir bis 2050 fast gänzlich dekarbonisieren müssen? Schaffen wir das dann alles zwischen 2030 und 2050 – vor allem, wenn wir jetzt erstmal munter weiter in die falschen Großtechnoligien investieren?

Hoch anzurechnen ist dem Expertengremium – in dem gerade Mal eine Handvoll von Frauen vertreten ist – dass sie sich ernsthaft mit der Frage auseinandersetzen, wie wir denjenigen, die bisher überhaupt gar keinen Zugang zu Elektrizität haben, dezentrale und erneuerbare Optionen anbieten können. Und gut (überraschend?) ist die Tatsache, dass Atomkraft nicht explizit als mögliche Technologie auftaucht.

Allerdings gibt es genau bei der Betrachtung von großtechnologischen Optionen weitere Probleme: Der Fokus liegt auf Wasserkraft und Biomassenutzung. Aber genau hier ist es dringend nötig, einen normativen Rahmen aus Menschenrechten, sozialen und ökologischen Standards zu Grunde zu legen, um die potentiellen Folgen und Nebeneffekte solcher Technologien zu bewerten. Nicht alles, was grün ist, ist auch automatisch gerecht. Der Ansatz „Sustainable Energy for All“ jedoch legt explizit Wert darauf, dass die Entscheidungen über die konkreten Technologien national getroffen werden und bezieht sich in keinster Weise auf geltende Menschenrechtsnormen und Standards. Genau das wird ja im Rio+20-Kontext bereits massiv kritisiert.

Ein weiterer Punkt, der ebenfalls einen generellen Trend abzeichnet (z.B. im Rahmen der Entwicklungsagenda der G20, der Multilateralen Entwicklungsbanken, im Zero Draft von Rio2012), ist das Setzen auf Public Private Partnershops als Allheilmittel. Dabei vermisse ich aber eine Auseinandersetzung damit, unter welchen Voraussetzungen und mit welcher politischen Flankierung und Regulierung diese überhaupt den gewünschten Effekt (auch für Armutsbekämpfung) bewirken sollen.

Die große Vision ist also letztlich nichts weiter als ein Bündel von losen und absolut unzureichenden Maßnahmen. Wie kommen wir denn vom Status quo zur Vision? Wie beenden wir Business as Usual? Der Abbau schädlicher Subventionen fossiler Energie zum Beispiel taucht nur ganz marginal am Rande auf.

Foto: Solarkocher von sejanc mit Creative Commons Lizenz.

 


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