Wie könnte eine gerechte und demokratische Ressourcenpolitik aussehen, die den Korridor zwischen planetarischen Grenzen und der Einhaltung der Menschenrechte respektiert? Das Memorandum “Gerechtigkeit Gestalten – Ressourcenpolitik für eine Faire Zukunft“ ist das Ergebnis eines internationalen Dialogprozesses (Resource Equity in a Finite World) der Heinrich-Böll-Stiftung, den meine Kollegin Christine Chemnitz und ich in den letzten zwei Jahren initiiert und koordiniert haben.
Hierzu haben wir junge Menschen aus 29 Ländern in zehn „Zukunftswerkstätten“ in Lateinamerika, in Europa, im Nahen Osten und Nordafrika einschließlich der Türkei, im Afrika südlich der Sahara und in Asien miteinander über Fragen von Ressourcennutzung und -verteilung in den Dialog gebracht. Delegierte jeder dieser Zukunftswerkstätten brachten dann Erfahrungen und Visionen nach Berlin. Dort verbrachten sie zwei Tage mit dem deutschen und internationalen hbs-Team, um ihre Ideen zu diskutieren und weiterzuentwickeln. Der Prozess wurde von einer Beratungsgruppe unterstützt, der elf international renommierte Umwelt- und Menschenrechtsexpertinnen und -experten angehörten (darunter Sunita Narain, Jagoda Munic, Kate Raworth und Barbara Unmüßig).
In diesem Memorandum wird das Konzept der Ressourcenpolitik eingeführt. Es soll die Möglichkeit einer kritischen Analyse bieten und in die Entwicklung von Strategien einfließen, deren Ziel es ist, die Kontrolle und Nutzung der Natur zu verändern. Mithilfe des Ansatzes sollen aktuelle Konflikte als komplexe Interaktionen zwischen der Natur und den Menschen, ihren Interessen, Machtverhältnissen und Kulturen auf lokaler, regionaler und globaler Ebene betrachtet werden. Dadurch können Lösungen entwickelt werden, die die Rechte von Menschen und der Natur wahren. Sie stellt die Vorstellung von Natur als Ressource infrage und schafft so die Freiheit, über Strategien zur Transformation nachzudenken.
Das Ziel dieses Memorandums ist, die sehr unterschiedlichen Diskussionsverläufe zusammenzuführen. Es strebt nicht an, die Komplexität und Vielfalt der regionalen Debatten in vollem Umfang darzustellen. Es ist jedoch stark von den Ergebnissen der Zukunftswerkstätten, den Sichtweisen der Delegierten und Berater inspiriert. Das Memorandum stellt eine subjektive Auswahl der beiden Leitautorinnen dar und ist keineswegs ein Versuch, einen globalen Konsens unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern herzustellen – denn tatsächlich existiert er nicht! Mit dem Memorandum unternehmen wir einen ersten Schritt zur Erkundung einer neuen Perspektive. Sie ist eine von vielen möglichen. Das Memorandum bietet weder einen allumfassenden Ausblick noch eine Vorgabe für jedes Land, jede Region und jede Gesellschaft. Aber es benennt eine Reihe von Grundsätzen und Ideen für eine gerechte und rechtsstaatliche Ressourcenpolitik im Dreieck von Sozioökonomie, Ökologie und Demokratie und mit einer internationalen Perspektive – einer, die nun in die verschiedenen Länder und Regionen übertragen und dort angepasst und debattiert werden muss.
Der Prozess, der zu diesem Memorandum führte, ist zugleich anregend, herausfordernd und inspirierend gewesen. Das Wissen, die Perspektiven, die Visionen und Strategien, die er generiert hat, sind der Anfang und nicht das Ende eines globalen Dialogs über Ressourcengerechtigkeit. Die neue Perspektive und der neue normative Rahmen, die hier aufgezeigt werden, werden hoffentlich andere inspirieren, sich dazu zu verhalten, diese Ideen und Vorschläge weiterzuentwickeln und ihn in ihren lokalen und regionalen Kontext zu übersetzen. Dies wird hoffentlich auch diejenigen inspirieren, die nach Lösungen auf der internationalen Ebene suchen.
Wir möchten den heutigen „Internationalen Tag der Umwelt“ als Anlass nehmen, Euch einzuladen, das Memorandum zu lesen, zu debattieren und die Ideen, die es vorstellt, weiterzuentwickeln und umzusetzen! Wir freuen uns über Ihre Rückmeldungen, Feedback und Kritik!
P.S.: Wir möchten den folgenden Personen für ihre Inputs und Anmerkungen zu mehreren Entwurfsfassungen dieses Memorandums danken: Amal Dababseh, Ana Di Pangracio, Andrea Bues, Andrew Ihlo, Axel Harneit-Sievers, Barbara Unmüßig, Betzabet del Valle Morero, Carlos Monge, Cathrin Klenck, Chan Ramy, Christine Moser, Cintia Barenho, Corinne Deek, Dawid Bartelt, Divja Gupta, Durukan Dudu, Erick Onduru, Fredrick Njau, Gitanjali More, Hans Verolme, Heike Löschmann, Heidi Feldt, Jagoda Munic, Jenny Franco, Johanna Sydow, Jutta Kill, Kate Raworth, Katja Heubach, Katrin Seidel, Kimani Sankara, Kulthoum Omari, Lennart Kümper-Schlake, Maiana Teixeira, Maja Göpel, Malik Fercovic, María Cecilia Reeves, Maureen Santos, Max Marwede, Michael Buesgen, Muna Dajani, Ozgur Gurbuz, Pinaki Das Gupta, Raimund Bleischwitz, Recaredo Gálvez, Samuel Nguiffo, Sebastián Ainzúa Auerbach, Sisay Misganaw, Sunita Narain, Svenja Oberender, Thomas Fatheuer, Uli Brand, Wolfgang Sachs, Xu Ting, Zukiswa Kota.
Bild: von Ines Meier. Dieses Bild steht unter einer Creative Commons Lizenz.