Gut möglich, dass die Kraftstoff-Qualitäts-Richtlinie der EU (Fuel Quality Directive) das erste Opfer der TTIP Verhandlungen wird, schreibt Friends of the Earth Europe in einem aktuellen Bericht (Dirty Deals), den sie mit Unterstützung der Heinrich-Böll-Stiftung verfasst haben. Es ist ein Beispiel dafür, wie sich die fossile Lobby auf beiden Seiten des Atlantiks der Verhandlungen um das Freihandelsabkommen bedient, um nicht nur existierende Klimagesetzgebungen zu schwächen, sondern auch zukünftige zu verhindern oder verwässern.
Die Fuel Quality Directive (FQD) der EU wurde 2009 überarbeitet und beinhaltet ein Ziel, die Emissionen aus Treibstoffen bis 2020 gegenüber 2010 um 6 % zu reduzieren. Um diese Direktive umzusetzen, muss die Europäische Kommission den EU Mitgliedsstaaten eine Methodik zur Verfügung stellen, mit der die Treibhausgasintensität der verschiedenen Kraftstoffe berechnet wird. Ein erster Vorschlag hierfür wurde 2011 veröffentlicht, erhielt aber keine Zustimmung – dank der intensiven Lobbybemühungern seitens der kanadischen Regierung. Bis heute liegt kein neuer Vorschlag vor.
FoEE gibt im Bericht zahlreiche Belege, wie sich Lobbygruppen auf beiden Seiten des Atlantiks intensiv darum bemüht haben und bemühen, die FQD innerhalb der TTIP Verhandlungen als handelsverzerrende Maßnahme zu thematisieren und damit ihre Umsetzung zu blockieren.
Wessen Interessen dient das? Bei der FQD geht es zentral um die Frage, ob Kraftstoffen, die aus Teersanfden hergestellt werden, eine höhere CO2-Intensität beigemessen wird als Kraftstoffen aus konventionellem Öl. Die EC selber hat berechnen lassen, dass der Wert bei Teersandöl um 23 % höher liegt. Internationale Ölkonzerne sind sehr besorgt, den Zugang zum europäischen Markt für Teersandöl zu verlieren. Das liegt nicht am hohen Marktanteil. Kraftstoffe aus Teersandöl machen nämlich derzeit nur ca. 0,03 % des europäischen Kraftstoffverbrauchs aus.
Aber die kanadischen Teersande sind eine der wenigen Reserven, auf die internationale Ölfirmen noch ungehinderten Zugriff haben, da die Macht staatseigener Konzerne in anderen Weltregionen die Shells, ExxonMobils und BPs dieser Welt bedroht. Die sieben größten internationalen Ölfirmen haben alle große Anteile an den kanadischen Teersanden und die Investitionen werden in Zukunft noch anwachsen. Zwar ist den Firmen inzwischen klar, dass es sich hier um äußerst riskante Investitionen handelt. Aber genau darum greifen sie nach jeder Möglichkeit, sich diese auch in Zukunft abzusichern – u.a. durch TTIP und eine Verhinderung einer effektiven Umsetzung der FQD.