Diese Woche geht hier in Bonn die Lesung der Verhandlungstextentwürfe für ein Kopenhagen-Abkommen in die zweite Runde. Immerhin – so könnte man meinen – gibt es einen Textentwurf und immerhin verhandeln die Parteien über diesen Text. Doch dieser vorsichtige Optimismus trügt, denn die wirklichen politischen Entscheidungen fallen natürlich nicht hier in den Verhandlungsfluren, sondern zu Hause.
Zwar können sich die VerhandlerInnen mit ihren jeweiligen Mandaten schrittweise aufeinander zubewegen und kleinere Kompromisse eingehen. Ein Blick auf den Verhandlungstext der Arbeitsgruppe, die sich mit langfristiger Kooperation und der Umsetzung des Bali Action Plans beschäftigt, genügt jedoch, um die größeren Stolpersteine auf dem Weg nach Kopenhagen zu erkennen. Eine gute Analyse haben dazu übrigens BUND und Oxfam verfasst, hier nachzulesen als Hintergrundpapier.
Um nur 3 Beispiele zu nennen:
- Globale Klimaschutzziele für 2050: Zwar gibt es hier konkrete Vorschläge, die von einer Begrenzung auf 350 ppm oder 1,5 °C bis hin zu 2 t pro Person reichen. Es gibt aber weder eine Einigung darüber, ob überhaupt ein solches globales Ziel vereinbart werden sollte, noch wie ambitioniert dieses sein sollte. Wie soll unsere Welt 2050 aussehen, was ist unsere gemeinsame Vision, lautet die spannende Frage, auf die es hier in Bonn bestimmt keine Antwort geben wird.
- Klimaschutzziele für Industrieländer bis 2020: Hier gibt es nach wie vor kaum konkrete Zahlen auf dem Tisch. Summiert man die vorliegenden Vorschläge, bewegen wir uns derzeit auf eine Konzentration von 700 bis 750 ppm zu, was in etwa einer globalen Erwärmung von 4 °C entsprechen würde. Eine solche Welt können wir uns gar nicht vorstellen! Das UNFCCC Sekretariat hat berechnet, dass sich die gesammelten Minderungsziele der Industrieländer (ausgenommen USA, Japan und Russland) derzeit nur zwischen 16 und 24 % bewegen.
- Finanzierung von Klimaschutz, Anpassung und Technologien in Entwicklungs- und Schwellenländern: Hier haben bisher weder die Entwicklungsländer genau gesagt, welche Summen sie sich vorstellen (bis auf einen Vorschlag der G77, die 0,5 bis 1 % des GDPs der Industrieländer fordern), noch kommen die Industrieländer mit konkreten Zahlen und Angeboten. In der EU stockt der Prozess, weil sich Polen weigert, einem EU-weiten Ziel zuzustimmen, ohne den eigenen Beitrag zu kennen. Vom ECOFIN-Gipfel diese Woche sind kaum konkrete Ergebnisse zu erwarten.
Neben den inhaltlichen Aspekten haben die Verhandlungsdelegationen und das UNFCCC-Sekretariat noch mit anderen wichtigen Problemen und Verfahrensfragen zu tun: Welche rechtliche Form soll ein künftiges Abkommen annehmen? Wird es ein erweiteres Kyoto-Protokoll und ergänzende Entscheidungen geben oder doch ein oder zwei neue Protokolle? Außerdem ist nach wie vor unklar, wie die beiden Verhandlungstracks (der eine um den Bali Action Plan und der andere um weitere Emissionsreduktionsziele der Kyoto-Parteien) bis Kopenhagen weiterverhandeln sollen, damit am Ende ein gemeinsames und kohärentes Ergebnis herauskommt.
Eine laufende Begleitung der Bonner Klimaverhandlungen gibt es auch auf Wir Klimaretter.