Balsam für die Fraktion der Hasenfüße

Viele haben gehofft, dass die Ölpest im Golf von Mexiko den Druck auf den Kongress erhöht, endlich ein Klimagesetz zu verabschieden. Danach sieht es nicht mehr aus. Die Ölpest gerät in die Mühlen des Wahlkampfs. Es geht vor allem um die erfolgreiche Inszenierung des eigenen Handelns und die Attacke auf den politischen Gegner: Wie handlungsfähig ist der Präsident und seine Regierung? Wie tief kann BP in die Knie gezwungen werden? Wie sehr stecken die Republikaner mit big oil unter einer Decke? Wie wirtschaftsfeindlich sind die Demokraten? Der Klimaschutz droht dabei auf der Strecke zu bleiben.

Diese Denke kam auch in der Ansprache zur Nation durch, die Obama diese Woche hielt. Viele US-Klimaschützer sind von der Rede enttäuscht. Zwar hat Obama (wie meine Kollegin Lili Fuhr hier blogt) Amerikas Abhängigkeit vom Öl scharf kritisiert und eine Politiki weg vom Öl skizziert. Doch hat dies noch jeder US-Präsident der letzten 30 Jahre angekündigt, egal ob er Gerald Ford, Jimmy Carter, Ronald Reagon, George Bush, Bill Clinton oder George W. Bush hieß (grandios wie immer The Daily Show). Obama hat Begriffe wie climate change, carbon price, und cap and trade sicher umschifft. Zwar hat er den Kongress aufgefordert, endlich ein Energiegesetz zu verabschieden, aber ohne inhaltliche Vorgaben oder Bedingungen. Das ist Balsam für die Fraktion der Hasenfüße unter den Demokraten, die den Klimaschutz (also nationales Klimaziel und Emissionshandel) auf die lange Bank schieben wollen.

Ein echtes Problem ist, dass Obamas engste Berater im Klimaschutz kein Gewinner-Thema sehen. Allen voran der Aufbau eines US-weiten Emissionshandelssystems lässt sich der Öffentlichkeit nur schwer verkaufen. Im Senat fehlen zu viele Stimmen, als dass Obama das Gesetz analog zur Gesundheitsreform durchkämpfen könnte. Die Demokraten wägen angesichts dieser Schwierigkeiten ab: Sollen sie alles auf eine Karte setzen und an einem umfassenden Klima- und Energiepaket (comprehensive climate and energy bill) festhalten, das u.a. ein nationales Klimaziel festschreibt und den Emissionshandel startet? Oder soll ein Energiegesetz (energy only bill) verabschiedet werden, das nur auf Effizienz, erneuerbare Energien und verschärfte Sicherheitsstandards für Ölbohrungen vorsieht, aber gute Chancen auf eine Mehrheit hat? Immer mehr Demokraten favorisieren letzteres. Die Republikaner blockieren nahezu jede Variante und machen wenn überhaupt nur halbherzige Angebote. Gegen ihren Widerstand lässt sich aber kein Gesetz verabschieden.

Entgegen meiner ansonsten optimistischen Einschätzungen verfestigt sich der Eindruck: Der Senat wird bis zu den Zwischenwahlen im November kein Klimagesetz verabschieden. Sehr wahrscheinlich aber ein Energiegesetz. Der Cartoonist Tom Toles prognostiziert gewohnt scharfsinnig, dass sich das Aufschieben in Sachen Klimaschutz nicht auszahlen wird.


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