Wir wurden ja gewarnt, ein „bad deal“ sei schlimmer als „no deal“. Also lieber nichts in Kopenhagen erreichen als ein schlechtes Abkommen. Es sieht so aus, als ob sich ein halbes Jahr später dies nochmal so richtig bewahrheiten würde.
Bei den dritten Verhandlungen in Bonn dieses Jahr (daher „Bonn III“ genannt), wurden vor zwei Wochen keine wirklichen Fortschritte erzielt. Aber wenn wir auf die Verhandlungstexte schauen, sehen wir, was sich seit Kopenhagen so alles getan hat. Der Text vom 17. Mai hatte noch eine Reihe der berühmten eckigen Klammern. Diese werden immer dann genutzt, um Vorschläge die noch keinen Konsens hinter sich wissen, zu markieren. Theoretisch kann jedes Land so viele Klammer-Ideen wie es will in den Text bringen. Ziel der Verhandlungsleitung ist es demzufolge, die Anzahl dieser „Optionen“ zu minimieren. Manchmal ist das einfach, oft aber sind die Vorschläge konträr zueinander.
Der Entwurf vom 10. Juni hatte dann zwar viel weniger Klammern – viele Beobachter freuten sich über weniger Leseaufwand – doch wurden vor Allem die Ideen aus dem Globalen Süden rausgestrichen. Ein Feuerwerk an Kritik entbrannte in Bonn II und für die dritte „session“ jetzt im August wurde der Text wieder länger. Doch das war den beteiligten Staaten nicht genug und der letzte Woche vom Klimasekretariat herausgegebene Text in Vorbereitung auf die Klimagespräche von Tianjin Anfang Oktober ist mit 70 Seiten noch einmal 25 Seiten länger als der letzte.
Was das mit dem „Copenhagen Accord“ (CA) zu tun hat? Dieses von wenigen Staaten ausgefeiltschte Papier steht eigentlich außerhalb des UNFCCC-Prozesses. Letzterer gibt aber allen Staaten gleiche Stimmrechte und „gemeinsame aber unterschiedliche Verantwortung“. In Bali wurde dann 2007 beschlossen, dass es neben der Erweiterung bzw. Erneuerung vom Kyoto Protokoll (AWG-KP) einen neuen Verhandlungsstrang (AWG-LCA) geben soll, in dem auch die USA (kein Kyoto-Land) sind. Bisher verlief der Streit zwischen diesen beiden „Pfaden“. Alles neu, aber mit den USA, oder bewährt und dafür ohne sie? Wie lassen sich die beiden zusammen bringen? Es waren schon so viele komplizierte Fragen. Jetzt kommt mit dem CA noch mehr Verwirrung hinzu. Außerdem wird diesmal das UNFCCC-Haus nicht nur von außen bedroht (z.B. durch Konkurrenzveranstaltungen wie die G-20 oder das MEF), sondern quasi von innen.
Die für die reichen Nordländer schmackhaften Ablassmechanismen wie der CDM stecken im KP und sollen, wenn es nach ihnen geht, in den LCA-Text rüberwandern. Dagegen stellen sich die ärmsten Staaten selbstverständlich. Auch die EU spielt hierbei gerade eine unrühmliche Rolle: sie spricht sich stark für den Kohlenstoffmarkt aus, ohne die an den Kyotoprozess gebundenen Verpflichtungsansätze zu unterstützen. Kopenhagen habe ja gezeigt, dass es auch ohne geht. Dass die Erde sich weiter ungebremst erwärmt, wenn nur der CA umgesetzt wird, dass vergessen manche freilich im Angesicht der Marktmöglichkeiten, die sich ihnen eröffnen könnten. Für die Erde ist ein solcher „deal“ nur eines: einfach schlecht.
Abschluss-Statement von Christiana Figueres (3.49 Min – von UNFCCC/YouTube)