Rückschlag für die US-Klimapolitik (Teil 2)

Die Ergebnisse der Zwischenwahlen bestätigen, was sich mit dem Scheitern des Klimagesetzes im Senat im Sommer 2010 bereits andeutete. Ein nationales Klimagesetz rückt in weite Ferne. Teil 2 unserer Analyse

Diese mehrteilige Analyse ist ein cross-post von www.wir-klimaretter.de

Umweltbehörde gerät unter Beschuss

Im Senat halten die Demokraten ihre einfache Mehrheit. Doch war ein parteiübergreifender Kompromiss schon in der letzten Legislatur schwer, dürfte er in den nächsten zwei Jahren nahezu unmöglich sein. Extrem konservative Politiker wie Rand Paul (Kentucky), Pat Tommey (Pennsylvania) und Marco Rubio (Florida) ziehen in den Senat. Sie werden als Lieblinge der Tea-Party-Bewegung die Fraktion der Republikaner noch weiter nach rechts ziehen. Ihre Agenda in Sachen Klimawandel heißt leugnen und runterspielen. Der Staat habe sich so weit es geht aus der Wirtschaft zurückzuziehen, Umweltauflagen stören die Märkte. Gleichzeitig werden sie in den nächsten sechs Jahren eine Ausweitung von fossilen Energien und Atomkraft verfolgen, ganz im Sinne ihrer größten Spender im Wahlkampf.

Mit Mehrheitsführer Harry Reid und der Vorsitzenden des Umweltausschusses Barbara Boxer kehren zwei Demokraten mit exponiertem Klima-Resümee in den Senat zurück. Ihre Wiederwahl stand lange auf der Kippe. Boxer hat in Kalifornien gezeigt, dass mit dem Thema clean energy economy selbst zu Zeiten der Wirtschaftskrise Wahlen gewonnen werden können.

Einen kleinen Hoffnungsschimmer sehen Klimaschützer in Senatoren wie Mark Kirk, der Obamas früheren Senatssitz in Illinois ergattert hat. Kirk war einer von den republikanischen Abgeordneten, die im Juni 2009 für das umfassende Energie- und Klimapaket im Repräsentantenhaus gestimmt haben. Direkt nach der Wahl hat er das Thema Energieunabhängigkeit als Schwerpunkt seiner Arbeit im Senat markiert und sich damit als Ansprechpartner für die Demokraten empfohlen.

Mit Spannung wird im Senat auf die Debatte über die Umweltagentur EPA (Environmental Protection Agency) geschaut. Die Behörde beabsichtigt auf Basis des Luftreinhaltegesetzes zum Jahreswechsel Kohlendioxid-Grenzwerte für Kraftwerke und Industrieanlagen einzuführen.

Noch im Sommer 2010 scheiterte eine Resolution der Republikaner im Senat, der EPA ihre Regulierungskompetenz für Kohlendioxid zu streichen. Bald dürfte ein neuer Anlauf versucht werden, den Demokraten aus Kohle-Bundesstaaten unterstützen werden. Obama hatte in der Vergangenheit bereits sein Veto angekündigt, falls der Kongress ihm einen entsprechenden Vorschlag vorlegen würde. Doch in Zeiten der hoher Arbeitslosigkeit wird der Druck auf den Präsidenten steigen, die Wirtschaft nicht weiter zu belasten.

Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners

Was bedeutet das Patt zwischen den beiden großen Parteien für die Gesetzgebung? Wegen tiefer ideologischen Gräben (etwa bei der Finanzmarkt- oder Gesundheitsreform) dürfte es nur wenige Themen geben, wo ein Kompromiss zwischen beiden Lagern überhaupt angestrebt werden wird. Zur Ankurbelung der Wirtschaft dürften schon bald Gespräche über die Verlängerung von Steuernachlässen oder neue Investitionen in Infrastrukturen beginnen.

Auch die Energieunabhängigkeit drängt sich als überparteiliches Thema auf. Neben der Energieeffizienz summiert sich darunter der Ausbau von erneuerbaren und anderen „sauberen“ Energien wie Erdgas, Kohle mit CCS und neuen Atomkraftwerken. Ob letztere tatsächlich mit milliardenschweren Subventionen rechnen können wie Obama angekündigt, aber der Kongress bislang nicht umgesetzt hat, ist angesichts der neuen Republikaner, die fiskalpolitisch äußerst konservativ sind, offen.

Die Republikaner sind auf Opposition getrimmt. Ihr Ziel ist es, dass Obama keinen Erfolg einfährt, mit dem er im Wahlkampf 2012 punkten kann. Der Wille ist gering, mit dem Präsidenten beziehungsweise seinen Demokraten zu kooperieren. Doch andererseits stehen die Republikaner als Mehrheitsfraktion nun ebenfalls in der Verantwortung. Sie wollen in den nächsten zwei Jahren ein erkennbares Profil und eine Agenda für die Wahl 2012 aufbauen. Dazu dürfte vor allem gehören, dass sie sich als die verantwortungsbewussteren Haushaltspolitiker präsentieren.

Die Haushaltskrise, mit der sich beide Parteien beschäftigen müssen, bietet auch eine ökologische Chance. Angesichts einer gigantischen Schuldenberges und einer starken Rechten, die den Staat in seinen Aufgaben und Ausgaben zurückdrängen will, dürfte es bald ein Sparpaket geben. Der Einigungsdruck ist groß.

Umwelt- und Verbraucherverbände bringen den Abbau umweltschädlicher Subventionen in die Debatte ein. Beobachter spekulieren, ob die Republikaner nicht zu kleineren Kompromissen in der so genannten lame duck session bereit sind. In dieser letzten Sitzung im Dezember kommen noch einmal alle Abgeordneten des gerade abgewählten Kongresses zusammen. Die Republikaner wissen, dass ihre Fraktion ab 2011 mit den neuen Kollegen aus der Tea Party Bewegung viel unberechenbarer wird. Wenn sie tatsächlich etwas durchbekommen wollen, dann drängt sich dafür die lame duck session auf.

Anders als in den ersten zwei Jahren seiner Amtszeit wird Barack Obama davon absehen, sich in die Arbeit des Kongresses einzumischen. Zu groß ist die Gefahr, dass ihn die Republikaner auflaufen lassen und zu gering sind die Aussichten für substanzielle Fortschritte. Auf Nachfrage hin bestätigte Obama direkt nach der Wahl, dass der Emissionshandel nur eine von vielen Möglichkeiten sei, zum Ziel zu kommen. Er weiß, dass dieses Instrument auf Jahre hinaus „verbrannt“ und nicht mehrheitsfähig ist.

Teil 3 unserer Analyse folgt in Kuerze hier.


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