Atomausstieg in Vermont

Schon im letzten Jahr hat das Parlament im Bundesstaat Vermont für ein Ende der Atomkraft gestimmt. Doch Obamas Atomaufsichtsbehörde macht das Fass jetzt neu auf, in dem sie dem Betreiber eine Laufzeitverlängerung von 20 Jahren in Aussicht stellt.

Vermont ist ein kleiner Bundesstaat an der US-Ostküste. Der Atomkonzern Entergy betreibt das dortige Atomkraftwerk Yankee seit 1972. Der Reaktor ist einer der ältesten und störanfälligsten in den USA überhaupt. Zuletzt gelang radioaktives Material durch defekte unterirdische Rohrleitungen in die Außenwelt – Rohrleitungen, von denen der Betreiber unter Eid erklärte, dass sie gar nicht existierten. Wegen dieser und anderen Sicherheitspannen hat das Parlament in Vermont im Februar 2010 gegen eine Laufzeitverlängerung gestimmt. Damit müsste Entergy den Reaktor im März 2012 endgültig vom Netz nehmen.

Die Atomlobby gibt so schnell nicht auf. Sie weiß die Regierung an ihrer Seite. Die Nuclear Regulatory Commission (NRC), die nationale Atombehörde der USA, ist für die Erteilung von Lizenzen für Laufzeitverlängerungen zuständig. Zu Betriebsbeginn erhielten alle 104 Reaktoren der USA eine 40-jährige Laufzeit. Für 63 der AKWs hat die NRC bereits eine Laufzeitverlängerung von 20 Jahren durchgewunken, ein weiteres Dutzend wird derzeit geprüft. Schaut man sich diese Entscheidungen der NRC an, überrascht das Ergebnis für die Prüfung des Reaktors in Vermont nicht:

Wie Mother Jones berichtet, hat die NRC nur einen Tag vor dem Atomunfall im japanischen Fukushima in einer internen Sitzung der Laufzeitverlängerung von Yankee zugestimmt. Nach der Katastrophe traute sich die Kommission mit ihrer Entscheidung zunächst nicht an die Öffentlichkeit. Schließlich ist der Yankee-Reaktor das gleiche Modell von General Electrics wie die Anlage in Fukushima. Doch gestern erteilte man dem Pannenreaktor in Vermont grünes Licht für 20 Jahre weiteren Betrieb. Aus sicherheitstechnischer Perspektive gäbe es keine Bedenken.

Angesichts der dramatischen Ereignisse in Japan und der Pannenhistorie des Reaktors und seines Betreibers kommen die meisten Politiker in Vermont zu einem anderen Ergebnis: abschalten. Interessant dabei ist, dass Vermont der einzige Bundesstaat der USA ist, in dem das Parlament das letzte Wort über die Laufzeiten hat. In einer Demokratie funktioniert Atomkraft nicht besonders gut. Experten wie Bob Stannard vom Citizens Action Network kritisieren die Entscheidung der NRC und verweisen auf Deutschland, wie man es besser macht.

Die NRC hat in ihrer Geschichte keinen einzigen Antrag auf Laufzeitverlängerung abgelehnt. Ein echter Skandal. Auch in den USA wird das Mantra heruntergebetet: „Unsere Atomkraftwerke sind die sichersten der Welt.“ Doch die Stimmen mehren sich, dass der Unfall in Japan auch Konsequenzen für die USA haben müsse. Auf die Forderung von Präsident Obama hin hat die NRC einen Sicherheitscheck für die nächsten 90 Tage ausgerufen und einen Langfristbericht angekündigt. Angesichts der Reaktorkatastrophe in Japan soll zunächst geklärt werden, ob die Sicherheitsauflagen der US-Atomkraftwerke noch zeitgemäß sind. Schon jetzt kann man ahnen, was das Ergebnis sein wird. Ein Sprecher der Behörde sagt dazu: „Wir haben ein hohes Maß an Vertrauen, dass unsere 104 Reaktoren über adequaten Schutz verfügen.“

Kritiker wird das nicht zufrieden stellen. Energieminister Steven Chu musste in einer der Polit-Talkshows am Sonntag bereits verteidigen, dass der Reaktor Indian Point trotz der geringen Distanz von nur 34 Meilen zu New York City weiter betrieben werden soll. In Kalifornien versprechen sich anti-Atomaktivisten Rückenwind für eine frühere Abschaltung der dortigen Meiler in erdbebengefährdeten Gebieten. Das dürfte auch auf offene Ohren des Governeurs treffen, der ein großer Fan der erneuerbaren Energien ist. Schließlich war es dieser Jerry Brown, der – in einer früheren Amtszeit als Governeur von Kalifornien – 1972 ein Neubaumoratorium für den Staat an der Westküste durchgesetzt hat.

Foto von ethanz unter CCL


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