In den USA ist nach mehr als 30 Jahren wieder der Bau neuer Atomreaktoren genehmigt worden. Wann oder ob überhaupt das AKW ans Netz geht, ist offen. Dass die US-Atombehörde den Bau gerade jetzt genehmigt, ist ein handfester Skandal.
USA: Renaissance der Atomkraft titelt der Focus, ähnlich wie die FTD, Spiegel Online und andere Zeitungen. Heute sei „ein historischer Tag“, so der Präsident des Nuclear Energy Institute, der US-Atomlobby .
Falsch. Das Urteil ist irreführend. Von einer Renaissance der Atomkraft in den USA kann weit und breit keine Rede sein. Was wir diese Tage sehen, ist der Zwischenschritt eines mühsamen Kraftaktes der Atomindustrie, der Milliarden an Subventionen von Steuerzahlern (Bürgschaft über mehr als 8 Mrd. USD) und Gebühren von Stromkunden verschlingt.
Heute wurde von der Nationalen Atombehörde NRC nur der Antrag auf den Bau des Atomkraftwerkes in Georgia genehmigt. Es wird noch lange dauern, bis das AKW ans Netz geht, wenn überhaupt: Schon häufiger wurden in den USA Spatenstiche für neue AKWs gefeiert, die schließlich nie zu Ende gebaut wurden, wie die Anti-Atomorganisation Beyond Nuclear erinnert.
Der Skandal an dieser der Entscheidung ist, dass die Atombehörde den Antrag gerade jetzt durch gewunken hat. Denn nach dem Reaktorunfall in Fukushima wurde die NRC damit beauftragt, die Sicherheitsstandards von Alt- und Neuanlagen zu überprüfen und ggf. zu verschärfen. Das ist noch immer nicht geschehen. Organisationen wie der Natural Ressource Defense Council (NRDC) weisen zu Recht darauf hin, dass eine Reihe von Sicherheitsstandards endlich an die neusten Erkenntnisse angepasst werden müssen. Dazu gehören die mangelhafte Notstromversorgung vieler AKWs, der drohende Austritt von Wasserstoff, die bislang unberücksichtigte Erdbebengefahr in manchen Gebieten und die vielfach übervollen Abklingbecken alter Brennstäbe.
Doch was macht die Atombehörde? Sie prüft noch immer. Es ist deshalb unverantwortlich, den Bau zu genehmigen. Pikant an der Entscheidung ist, dass sie gegen den Willen des Kommissionsvorsitzenden fiel – der übrigens kein Atomkraft-Gegner ist. Greg Jaczko erklärt, dass er nicht so tun könne, als ob es Fukushima nie gegeben hätte:
“I cannot support these licenses as if Fukushima never happened,” Chairman Gregory Jaczko said after the 4-1 vote today at NRC headquarters in Rockville, Maryland. Jaczko said he couldn’t support the licenses without a binding agreement that Atlanta-based Southern and its partners would operate the new reactors with safety enhancements meant to prevent the partial meltdowns that occurred at Fukushima. (Bloomberg)
Zwar wurde der Vorsitzende überstimmt. Doch sein Urteil lässt grundsätzliche Zweifel an der Genehmigung aufkommen. Aufgrund der offenen Fragen nach den Sicherheitsstandards haben mehrere Gruppen bereits angekündigt, gegen die Erteilung der Genehmigung zu klagen. Sie argumentieren, dass die Atombehörde wichtige Konsequenzen – wie die Notstromversorgung im Falle einer Naturkatastrophe – aus dem Unfall in Fukushima ignorieren würde.
Meine Meinung ist: Statt neue Atomkraftwerke zu bauen, die viel zu teuer und gefährlich sind, sollten die alten AKWs in den USA eingemottet werden- auch wenn die Mehrheit der Amerikaner bislang gegen einen Atomausstieg ist. Das wäre besser, um die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien und Energieeffizienz zu beschleunigen, den Klimawandel zu bekämpfen und mehr Arbeitsplätze zu schaffen. Auch wenn AKw’s manchmal ganz knuffig daher kommen, wie in diesem Werbeclip des englischen ÖkostromanbietersEcotricity:
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Foto von Rob van Hilten unter CC BY-NC-SA 2.0.