Heute stimmt die republikanische Partei in Michigan ab, welchen Kandidaten sie ins Rennen gegen Amtsinhaber Barack Obama schicken will. Der Bundesstaat im mittleren Westen gilt als einer von den umkämpften battleground states, in denen die Wahl im November 2012 entschieden wird. Auch wenn die Ideologie von drill here, drill now, pay less die eigene Basis begeistert, droht sie doch zum Boomerang für die Republikaner werden: Die Mehrheit der so begehrten swing voters befürwortet den Ausbau der erneuerbaren Energien.
Im November 2012 wählen die USA den nächsten Präsidenten. Wer von den Republikanern Amtsinhaber Barack Obama herausfordert, ist noch offen. Doch es scheint ausgemacht, dass ein republikanischer Kandidat den Bau der umstrittenen Keystone-XL Pipeline als Gegenentwurf zu Obamas Wirtschafts- und Energiepolitik nutzen wird. Sollte die Wirtschaftskrise anhalten und die Benzinpreise weiter steigen, hat die Keystone XL Pipeline das Zeug dazu, zum großen Streitthema des Wahlkampfs zu werden.
Die Blaupause der Republikaner liegt mit drill here, drill now, pay less (in etwa hier bohren, jetzt bohren, weniger zahlen) dafür vor. Auch wenn hohe Benzinpreise im Wahlkampf vor vier Jahren durchaus eine Rolle gespielt haben (drill, Baby drill), war die Grundkonstellation in 2008 doch eine andere als heute. Damals waren sich der Kandidat Barack Obama und sein republikanischer Rivale John McCain im Grundsatz einig, dass die USA endlich mit dem Klimaschutz beginnen und ein nationales Emissionshandelssystem auflegen müsse. Das ist heute anders. Dass der Klimawandel existiert, wird von einer steigenden Anzahl von republikanischen Politikern bezweifelt. Die Wirtschaftskrise dient als Vorwand, um die Abschaffung lästiger Umweltstandards zu fordern. Die Republikaner ziehen in dem Wahlkampf mit einem Katalog an anti-ökologischer Politik wie noch nie zuvor: für die Abschaffung der Umweltagentur EPA, für das Aussetzen von Luftreinhaltestandards von Kohlekraftwerken, für das Auslaufen von Steueranreizen der erneuerbaren Energien, für das Kürzen von Forschungsmitteln an die Klimawissenschaft, für mehr Öl- und Gasbohrungen (auch in Naturschutzgebieten), für deutlich mehr Subventionen zum Bau neuer Atomkraftwerke und für den Bau der Keystone XL Pipeline.
Die Republikaner tragen das überholte Paradigma vor sich her, dass Umweltschutz Geld koste und man sich diesen in den momentan wirtschaftlich schwierigen Zeiten nicht leisten könne. Barack Obama hält dem spätestens seit seiner Rede zur Lage der Nation im Januar 2012 entgegen, dass ein Kurs der ökologischen Modernisierung und für erneuerbare Energien die Wettbewerbsfähigkeit der US-Industrie verbessere. Doch auch die Republikaner wissen: Wer Präsident werden will, muss nicht nur das eigene Lager mobilisieren, sondern die Independents, also die WählerInnen der Mitte, erreichen. Dies ist nicht mit einer Agenda des schmutzigen Öls zu schaffen. Damit kann man in Staaten wie Texas oder West Virginia punkten. Aber nicht bzw. sehr viel schwieriger in den so genannten battleground states wie Michigan, Colorado und New Mexico. Wechselwähler (swing voters) in diesen Bundesstaaten, so eine aktuelle Studie des Colorado College, fordern den Ausbau der erneuerbaren Energien. Gewinnt Barack Obama seine Wiederwahl mit diesem Streit, ist das auch ein Auftrag der Wählerschaft und politischer Rückenwind für einen Kurs der ökologischen Modernisierung in seiner zweiten Amtszeit.
Foto von Takver unter CC BY-SA 2.0.
Dieser Blog ist ein aktualisierter Auszug aus dem E-Paper Transatlantische Teersandschlacht – Lobbyismus und dreckiges Öl sind Kanadas neue Exportware.