Transparenzrichtlinie der EU: Deutschland darf nicht blockieren

In Kürze fällt in Brüssel eine Entscheidung, die einen erheblichen Einfluss darauf haben kann, inwiefern „Big Oil“ in Zukunft noch damit durchkommt, sich durch Korruption gute Verträge zu sichern und die Ressourcen eines armen Landes zu plündern ohne Rücksicht auf lokale Umweltzerstörung, soziale Konflikte und das globale Klima. Die EU Kommission hat mit einem Entwurf für eine Transparenz-Richtlinie vorgeschlagen, dass alle Rohstoffkonzerne, die an einer europäischen Börse notiert sind, ihre projektbezogenen  Zahlungen an die Gastländer offenlegen müssen. Bisher sind transnationale Konzerne lediglich dazu verpflichtet, ihre Gesamtbilanzen vorzulegen und die Zahlen nach Geschäftsfeldern aufzuschlüsseln, nicht jedoch nach einzelnen Ländern und Projekten. Einen gutenÜberblick über die Tricks der Unternehmen und den Ansatz der länderbezogenen Offenlegungspflicht hat das Global Policy Forum Europe vorgelegt.

Eine projektbezogene Offenlegungspflicht  wurde in den USA bereits 2010 mit dem Dodd-Fank Act (gute Übersicht über Wirkung und Argumente hier beim Revenue Watch Institute) eingeführt. Allerdings zeigen Rohstoffkonzerne derzeit massiven Widerstand gegen die neue Regulierung und drohen, die Umsetzung komplett zu verwässern. Und auch in der EU ist dieser Lobbyeinfluss deutlich spürbar. Die Lobbybemühungen der NGOs laufen derzeit ebenfalls auf Hochtouren.

Eine neue Situation ist jetzt dadurch eingetreten, dass die dänische EU-Ratspräsidentschaft den Termin der Abstimmung in Brüssel – ursprünglich für Mai geplant – nach vorne gelegt hat. Es bleiben nur noch circa zwei Wochen, um die entscheidenden Player zu beeinflussen. Und leider ist Deutschland derzeit das größte Problem. Zuständig ist letzlich das Justizministerium. Aber involviert in die Abstimmung sind auch das Wirtschafts- und das Entwicklungsministerium sowie das Auswärtige Amt.

Von den Deutschen Unternehmen betroffen – und hier geht es explizit nur um die großen Konzerne – sind z.B. E.ON, Wintershall, EWE und RWE Dea. Das Argument, dass hier der deutsche Mittelstand übermäßig belastet würde, zieht also nicht.

Weitere strittige Fragen aus Sicht der Unternehmen sind z.B.

  • Kosten: Ist die Offenlegung zu teuer, weil neue administrative Strukturen eingeführt werden müssen? Dazu hat das Global Policy Forum recherchiert: „Allerdings ist es eine Tatsache, dass Unternehmen die von ihnen verlangten Informationen ohnehin in ihren Büchern haben – oder zumindest haben sollten. Dazu sind sie z.B. schon auf Grund von verschiedenen Anti-Korruptionsgesetzen und Initiativen wie z.B. von EITI in vielen Ländern verpflichtet. Es geht also nur darum, bereits vorhandene Informationen neu aufzubereiten. Die Europäische Kommission geht in ihrem Impact Assessment davon aus, dass die betroffenen Firmen mit lediglich 1,145 Mrd. Euro insgesamt belastet würden, und das auch nur im ersten Jahr der Einführung der Berichtspflicht.“
  • Wettbewerbsnachteil: Ist das nicht ein Nachteil für europäische Firmen gegenüber z.B. chinesischen? Dieses Argument übersieht schlicht die Tatsache, dass die größten chinesische Rohstoffkonzerne an der US-Börse oder in Europa registriert sind und von der Regulierung genauso betroffen sind.

Warum eine solche Regulierung absolut notwendig ist und wie merkwürdig hier einige Ölkonzerne argumentieren, lässt sich schön der Fallstudie BP in Angola entnehmen, die Global Witness vorstellt. Dort hat BP millionenschwere Zahlungen an obskure Sozialprojekte der staatlichen Ölgesellschaft geleistet, um den Zuschlag für eine Konzession zur Ölausbeutung zu gewinnen. Mit einer Transparenzregulierung könnte BP verpflichtet werden, solche Zahlungen offenzulegen. Den Menschen in Angola und der Weltöffentlichkeit wären damit erst einmal die Daten zur Hand gegeben, um nachzuvollziehen, welche Zahlungen getätigt werden und nachzufragen, was mit diesen dann passiert ist. Ein erster Schritt in Richtung Demokratie. Aber auch ein wichtiger Schritt in Richtung Entmachtung der Ölkonzerne, demokratischer Kontrolle unserer natürlichen Ressourcen und einem Klima der Gerechtigkeit.

Die unklare Haltung der Bundesregierung ist kein gutes Zeichen. Um ihre Vorreiterrolle zu sichern und oft zitierten „moralischen Überlegenheit“ in der Welt gerecht zu werden, muss die EU nun klare Regeln schaffen. Und Deutschland darf dabei nicht blockieren.

 

 


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