Gastbeitrag von Ute Straub
Heute und morgen (18./19.6.2012) versammeln sich wieder einmal die Mächtigsten der Welt zum jährlichen Gipfeltreffen der G20. Dieses Mal in Los Cabos, Mexico. Und wie schon bei den vergangenen Gipfeln ist auch Ernährungssicherheit wieder eines von diesmal fünf Schwerpunktthemen. Hat man sich jedoch die Mühe gemacht und einen Blick in die vorab zirkulierten Vorbereitungsdokumente geworfen, sanken die Erwartungen – insofern sie überhaupt noch existierten – dass dieser Gipfel einen Vorstoß in Sachen Hungerbekämpfung und globaler Ernährungssicherheit bringen könnte gegen null.
Dabei hat mit Mexiko ein Land die Präsidentschaft inne, dessen Wirtschaft stark landwirtschaftlich geprägt ist und das selbst Nahrungsmittelimporteur ist und das somit ein großes Interesse daran haben sollte, die strukturellen ökonomischen Kräfte zu regulieren, die in der jüngeren Vergangenheit zu volatilen und hohen Nahrungsmittelpreisen beigetragen haben.
Doch mit dem von Mexiko veröffentlichten Diskussionspapier: Food Security: A G20 Priority wurde schnell klar, dass auch dieser Gipfel nicht die notwendigen Kursänderungen z.B. in der Handelspolitik, bei Agrartreibstoffen und der Regulierung von Spekulation mit (Agrar-)Rohstoffen bringen wird.
Wenig ambitioniert, die umfassenden und vielseitigen Gründe der aktuellen Ernährungskrise anzugehen, konzentriert sich das Papier in erster Linie auf Maßnahmen zur Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität und befördert damit die alte Idee, dass eine höhere Nahrungsmittelproduktion den Hunger in der Welt beenden könnte. Wenig einfallsreich fordern die Autoren vor allem die Entwicklung neuer gentechnisch veränderter Getreidearten und höhere Privatinvestitionen in die Landwirtschaft.
Die kritische ‚Laissez-faire‘-Tendenz: „die Unternehmen werden´s schon richten“ wurde schon vergangenen Monat beim G8 Gipfel in Camps David deutlich, als Barack Obama die New Alliance for Food Security ankündigte, bei der Rund 45 Unternehmen, darunter einige der weltgrößten Agrar- und Nahrungsmittelkonzerne, angekündigt haben, mindestens drei Milliarden US-Dollar in den kommenden zehn Jahren in Afrikas Landwirtschaft zu investieren.
Nun sollen also Monsanto, Cargill und Co. die Ernährungskrise überwinden. Da fragt man sich, ob sich diese Unternehmen wohl der Paris Declaration on Aid Effectiveness oder den Five Rome Principles for Sustainable Global Food Security verpflichtet fühlen und ob sie jemals einen Blick in den Weltagrarbericht und seinen Forderungen zur Abkehr vom ‚Business as usual‘ geworfen haben.
Wie die G8 werden auch die G20 erwartungsweise weiter in diese Richtung stoßen. So empfiehlt die Task Force der Business 20 (B20) in Sachen Ernährungssicherheit ein Public Private Partnership Modell, dass von 17 Unternehmen (u.a. BASF, Cargill, Monsanto, Nestleé,…) mit Hilfe von Mc Kinsey und dem Weltwirtschaftsforum entwickelt wurde. Derzeit läuft dieses Modell als Pilotprojekt in 11 Ländern. Geht es nach den B20, soll dieses Modell in Zukunft weltweit nachgeahmt werden.
Die Verschiebung des Food Security-Diskurses weg von Handelspolitik, Agrotreibstoffen Maßnahmen zur Regulierung von Preisvolatilität hin zu Produktivität ist nicht wirklich überraschend. Ist es doch politisch viel einfache,r bessere Information, höhere Investitionen und mehr Technologie zu fordern als die größten 20 Ökonomien zu wirksamen Wirtschaftsreformen zu bewegen. In Sachen Ernährungssicherheit ist es allerdings eine weitere verpasste Chance das globale Hungerkarussell zu stoppen.