Im indischen Hyderabad tagen seit dem 9. Oktober die Vertragsstaaten der UN Konvention über biologische Vielfalt, CBD. Es ist ihre 11. COP . Von dort berichtet Thomas Fatheuer
Eine COP ist nicht nur ein Ort zäher Verhandlungen. Es ist der Ort, an dem sich die Bioddiversitätscommunity trifft, austauscht und auf Side Events inhaltliche Debatten führt. Und dort scheint ein Thema vorherrschend: Wie können Biodiversität und Ökonomie zusammenkommen?
Statt Natur überall Business, so der Eindruck. Vielleicht liegt es auch an der Auswahl der Side Events, die ich besuche. Aber es scheint wie die alte Geschichte von Hase und Igel: Wo auch immer ich hinkomme, ist TEEB mit seinem Vordenker Pavan Sukhdev schon da. TEBB – „The Economy of Ecosystems und Biodiversity“ – ist ein, insbesondere von Deutschland geförderter, Ansatz, der die Integration von Biodiversität in die Ökonomie „mainstreamen“ will. „Wir zerstören die Natur, weil wir ihren Wert nicht kennen“, so der immer wieder vorgetragene Glaubenssatz. Auch wenn Pavan Sukhdev betont, es gehe nicht darum, Preisschilder an die Natur zu hängen – die Geldsummen sind bei den TEEB-Events allgegenwärtig. So stellt Südafrika seine TEEB-Studie vor, die den genauen monetären Wert der wichtigsten Ökosystemdienstleistungen in Südafrika auflistet. Die TEEB-Gemeinde ist begeistert.
Die GIZ unterstützt TEBB-Ansätze in Brasilien und Indien. Leider liegen die betreffenden Produkte noch nicht vor. Aber Brasilien präsentiert stolz seine TEEB for Business-Studie – finanziert u.a. von Monsanto und koordiniert von Conservation International. Dass brasilianische NGOs das Sponsoring durch Monsanto unappetitlich und gar politisch bedenklich finden, kann der brasilianische Regierungsvertreter nicht verstehen.
Nun, nicht nur Monsanto, auch Syngenta nimmt an einer Business Initiative für Biodiversität teil. Ist das gemeint, wenn das BMU auf „Biodiversity in Good Company“ hofft? Auch diese Initiative wird zusammen mit TEEB Deutschland in Hyderabad vorgestellt. Fairerweise muss erwähnt werden, dass mit „Mars“ das deutsche Business doch viel sympathischer und appetitlicher vertreten ist. Etwas unverdaulich allerdings der Name des nationalen TEEB Deutschland: „Naturkapital Deutschland“.
Genug Business, endlich soll es mal ein anders Thema sein. Also auf zum Side Event über „Restoring our Degraded Ecosystems“. Aber was muss ich da sehen: Es geht um „Investing in Our Ecological Infrastructure“ Ich lerne, dass unser Naturkapital und unsere ökologische Infrastruktur, uns Güter und Dienstleistungen bereitstellen, die jährlich zwischen 21 und 72 Trillionen US$ wert sind. Eine etwas ungenau Angabe, aber das kenne ich ja nun auch schon von indischen Motorrikscha-Fahrern. Weiter erfahre ich, dass das Konzept „investment in our ecological infrastucture“ nun endlich etwas leistet, dass ich schon lange vermisse: „giving real substance to the often vague and misleading phrase, ‚the Green Economy‘“. Und damit niemand weiter misleadet bleibt, ist auch Pavan Sukhdev da, um Fragen zu beantworten.
Eigentlich reicht‘s, aber die Pflicht ruft: UNEP zusammen mit TEEB und der Weltbank, stellen Waves vor. Nein, nichts für Sufer! Es geht um Wealth Accounting and the Valuation of Ecosystem Services. Klar, der unvermeidliche Pavan Sukhdev ist wieder da. Aber interessant dann doch die Rede der Vertreterin der Weltbank. Die vergleicht den Ansatz, Ökosystemdienstleistungen in nationale Rechnungsführung einzubeziehen mit den Anstrengungen der Weltbank, nach dem zweiten Weltkrieg in vielen Ländern überhaupt eine verlässliche nationale Rechnungsführung zu etablieren. „We are going back to our real core mission”, und verspricht, gleich durch Waves „the central response to mulitple crisis“. Leider verschaffen auch die Vertreter von Bhutan und Ecuador mit bürokratischen Beiträgen keine emotionale Entlastung. Sehr zum Missfallen einer Vertreterin von Nomadenvölkern vergleicht der Umweltminister Bhutans die Natur seines Landes mit einer Bank. Hoffentlich to big to fail!! Nur der Vertreter Liberias muntert das Publikum wieder etwas auf: Er preist unverhohlen die Bodenschätze seines Landes zur „Valorisierung“ an. Er braucht wohl noch ein paar TEEB-Nachhilfestunden.
Langsam ist die Schmerzgrenze erreicht, aber heute abend lockt noch die OECD mit ihren „Policy Options for Biodiversity and Ecosystem Services“, die „Green Growth“ und „Scaling up Finance for Biodiversity“ versprechen.
Is there no way out of here?