US-Wahl: Die USA im Öl- und Gasrausch (Teil 2)

Bald könnten die USA Saudi-Arabien als weltgrößten Ölproduzenten überholen.

In den vergangenen Jahren hat sich der US-amerikanische Energiemarkt fundamental gewandelt. Dank neuer Fördertechniken und eines historisch niedrigen Gaspreises ist das Land inzwischen auf dem Weg zum Energieexporteur. Schon bald könnten die USA Saudi-Arabien als weltgrößten Ölproduzenten überholen. Teil 2 unserer vierteiligen Analyse-Serie zur US-Wahl am kommenden Dienstag.

Von Arne Jungjohann und Rebecca Bertram

Vor wenigen Jahren noch rätselten US-Experten darüber, wie die immer stärkere Abhängigkeit von Energieimporten gedrosselt werden könnte. Doch während Amtszeit von Präsident Barack Obamas ist eine Trendwende sichtbar geworden, die einer Revolution des Energiemarktes gleichkommt. Neue Bohrtechniken ermöglichen die Förderung von Rohöl in der Tiefsee. Der hohe Ölpreis sorgt dafür, dass sich diese kostspieligen und technisch extrem schwierigen Verfahren auch wirtschaftlich lohnen. Die Folge ist, dass die USA ihre heimische Ölförderung seit 2008 stetig ausweiten. In diesem Jahr wird das Land täglich mehr als 300 Millionen Liter Öl produzieren – 20 Prozent mehr als noch vor vier Jahren. Erstmals seit den 1950er Jahren exportieren die USA damit mehr Öl, als sie importieren. Schon bald könnten die USA Saudi-Arabien als weltweit größten Ölproduzenten überholen.

Neue Fördertechniken und beschleunigte Genehmigungsverfahren, die unter Präsident George W. Bush eingeführt wurden, hat die Anzahl aktiver Öl-Bohrtürme in Obamas Amtszeit vervierfacht:

Grafik von Leader Nancy Pelosi unter CC BY 2.0.

Auch die Gasindustrie durchläuft einen fundamentalen Wandel. Auch hier sind es neue Fördertechniken wie das Fracking, die die Branche revolutionieren und die Akteure in einen regelrechten Gasrausch stürzen. Mit Fracking wird sogenanntes unkonventionelles Erdgas aus Schiefergesteinen gewonnen; ein Prozess, der vor Ort gravierende Umweltschäden verursacht und enorm viel Wasser verbraucht. Im dürregeplagten Hitzesommer dieses Jahres sahen sich einige Bundesstaaten bereits gezwungen, den Bohrunternehmen das Wasser abzudrehen, um noch höhere Ernteausfälle in der Landwirtschaft zu vermeiden.

Schon heute sind die USA nach Russland zweitgrößter Gasproduzent der Welt und decken fast 90 Prozent ihres Eigenbedarfs ab. Die Ausweitung der Produktion hat die Preise für Erdgas in den Keller sacken lassen, was in der Branche bereits zu ersten Insolvenzen führt. Anders als beim Öl gibt es keinen Weltmarkt für Erdgas. In keinem Land der Erde ist Erdgas so billig wie in den USA.

Der niedrige Preis sorgt andererseits dafür, dass Erdgas die klimaschädliche Kohle in der Stromerzeugung verdrängt. Viele alte Kohlekraftwerke werden auf Gas umgerüstet. Damit befindet sich die Kohle in einem dramatischen Sinkflug. Ihr Anteil in der Stromerzeugung ist in den vergangenen fünf Jahren von 51 auf 32 Prozent gefallen. Auch der Atomkraft macht das billige Erdgas zu schaffen. AKW-Neubauten lohnen sich trotz üppiger staatlicher Subventionen nicht mehr. Mancher Altreaktor wird inzwischen trotz geltender Laufzeitverlängerung vorzeitig abgeschaltet, weil der Betrieb sich nicht mehr rechnet.

Anders als Europa entwickeln sich die USA nun zum Energieexporteur. Dem Förderboom bei Öl und Gas folgt der Ausbau der Infrastruktur, nicht zuletzt für den Export. Die großen Terminals, die in den 90er Jahren an den nordamerikanischen Küsten für Gasimporte aus Russland und Nahost gebaut wurden, werden für den Export umgerüstet. Neue Pipelines werden durchs Land gelegt. Der Bau der umstrittenen Pipeline Keystone XL, die kanadische Teersande zu den texanischen Raffinieren am Golf von Mexiko pumpen soll, könnte schon bald nach der Präsidentschaftswahl genehmigt werden. Auch Obama dürfte bei einer geänderten Routenführung dem Projekt zustimmen. Der rückläufige Absatz von Kohle in der heimischen Stromerzeugung führt zu steigenden Exporten, auch nach Europa. Der US-Energieagentur EIA zufolge haben sich die Kohleexporte seit 2008 bereits verdoppelt. Im laufenden Jahr werden mehr als 125 Millionen Tonnen Kohle von US-amerikanischen Häfen in alle Welt verschifft, vor allem nach China.

Dem Klima ist damit wenig geholfen. Für die US-Umweltbewegung wird deshalb der Kampf gegen die Infrastrukturen zum Export fossiler Energien – Pipelines, Bahnstrecken und Verladehäfen – zu einem zentralen Schlachtfeld des Klimaschutzes.

Foto oben von Richard Masoner / Cyclelicious unter CC BY-SA 2.0.

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