Ein Beitrag von Thomas Fatheuer
Die Diskussion um die Reduzierung von Entwaldung im Kontext globaler Klimapolitik (Reducing Emissions from Deforestation and Degradation – REDD) ist seit der COP von Bali zu einem wichtigen Verhandlungsstrang geworden, für viele sogar zu einem Hoffnungsschimmer im festgefahrenen UNFCCC Prozess. Allerdings ist REDD+ auch eines der großen Streitthemen. Denn die meisten Pro–REDD-Akteure setzen auf eine marktbasierte Finanzierung als Perspektive: In einem zukünftigen Klimaabkommen sollen dann Waldzertifikate aus der Reduzierung von Entwaldung Teil eines globalen Emissionshandels werden.
Aber waren nach Durban noch viele euphorische Stimmen zu hören, die Fortschritte im REDD+-Prozess feierten, so fielen dieses Mal die Kommentare in der Pro-REDD-Community doch zurückhaltend bis pessimistisch aus. REDD+ kam in Doha nicht voran. Der markanteste und vielzitierte Kommentar stammt von dem erfahrenen philippinischen REDD+-Verhandler Tony La Vina:
„The honeymoon for REDD is over.“
Angesichts fehlender Fortschritte im REDD+-Prozess wurde ein Streit um Measuring, Reporting, and Verification (MRV) zu einer der wenigen kommentierten Meldungen. Bereits auf den letzten COPs hatte sich gezeigt, dass MRV ein sensibles Thema ist. Länder des Südens befürchten über rigide MRV-Regeln nationale Souveränität aufzugeben, während Länder, die bisher den REDD+-Prozess finanzieren, an möglichst weitreichenden und verbindlichen Regelungen interessiert sind. Allerdings galt es bisher als Konsens, dass REDD+-Länder durch capacity building unterstützt werden, um eigene Kompetenzen und Kapazitäten aufzubauen, die bereits vorhandene Prozesse und Strukturen nutzen („nicht das Rad neu erfinden“). In Doha schlug nun Norwegen vor, die Überprüfung der Umsetzung von REDD+-Maßnahmen einer internationalen Expertengruppe zu übertragen. Dies wurde von Brasilien (unterstützt von der G77) energisch zurückgewiesen. Brasilien setzt sich für die Fortsetzung des International Consultions and Analysis (ICA) Prozess ein. Wie üblich wurde der Streit erst einmal vertagt. Die brasilianischen Verhandlerinnen und Verhandler waren aber offensichtlich verärgert. In ihren Augen hat Brasilien bereits verifizierbare Ergebnisse bei der Reduzierung von Entwaldung aufzuweisen sowie ausreichende Monitoringerfahrung und die nötige Technologie – was fehlt ist nun das Geld, das am Anfang des REDD+-Prozesses in Aussicht gestellt wurde. Natürlich gibt es auch gute Argumente für ein unabhängiges internationales Monitoring, insbesondere wenn REDD+ in Regionen mit schwacher Governance und hoher Korruption durchgeführt wird. Aber hilft dann wirklich ein wie auch immer geartetes Monitoring? Und unabhängig davon, was man für richtig hält, werden Länder wie Brasilien und Indien sich nicht auf ein MRV-System einlassen, das von den Geberländern gesteuert ist und nur für die Länder des Südens gilt.
Auf jeden Fall führte der Streit dazu, dass REDD+ in Doha nicht über ein vor-sich-hin-Dümpeln hinauskam. Schließlich gab es auch kein Signal, dass das erhoffte Geld aus CO2-Märkten für REDD+ näher rückt. Während es also aus den Verhandlungsprozessen wenig Neues zu berichten gab, hat sich doch einiges in der Debatte um REDD+-Konzeptionen entwickelt. In und um Doha haben sich die Stimmen gemehrt, die die Transformation von REDD+ in einen umfassenderen Mechanismus fordern: Tony de la Vina erklärte, dass REDD+ mit Landwirtschaft und Landnutzungsänderung zu einem einheitlichen Mechanismus verschmolzen werden muss. Das neue Schlüsselwort lautet dann landscape approach.
„REDD+ as it stands, is limited in the vision on forests. For me , it´s obvious that a landscape approach (…) is the way forward.” (Tony de la Vina)
Auch das in der internationalen REDD+-Debatte wichtige Center for International Forestry Research (CIFOR) propagiert nun sehr aktiv den landscape approach – unterstützt von der Weltbank. Die Entwaldung nicht nur als eine CO2-Quelle zu betrachten, macht sicherlich Sinn, aber unter den jetzigen Vorzeichen bedeutet es wohl eher eine Ausweitung der Versuche, Marktmechansimen zu etablieren.
Neue Debatten und Kontroversen sind also in Sicht.