Soja, Kupfer und Lithium… Was will die EU von Lateinamerika?

Cumbre de los PueblosWarum ist es wichtig, in diesen Tagen den Blick auf eine verschlafene Stadt hinter den Anden zu werfen? Vielleicht, um ein paar Sonnenstrahlen auf die nördliche Erdhalbkugel zu lenken? Schön wär’s. Doch mitten im Hochsommer tagen dieses Wochenende in Santiago de Chile die Staats- und Regierungschefs der EU mit denen aus Lateinamerika und der Karibik (CELAC).

Wie auch bei der Rio+20-Konferenz hat sich die Zivilgesellschaft in einem Gegengipfel zusammengefunden, dem Cumbre de los Pueblos, der mit der gleichen partizipativen Methodologie wie in Rio Alternativen und Strategien formulieren will. Und auch die Business Community trifft sich zum exklusiven Gipfel.

Der offizielle Gipfel befasst sich vor allem mit Handels- und Investitionsfragen. Und das hat hohe Relevanz für das Weltklima sowie für Ernährung und Ressourcengerechtigkeit auf dem Kontinent. Das lässt sich ganz gut mit zwei Beispielen illustrieren:

Die EU importiert für ihre massenhafte Fleischproduktion jährlich 35 Millionen Tonnen Soja im Jahr als Tierfutter, vor allem aus Argentinien und Brasilien. Damit steht die EU nach China weltweit an zweiter Stelle. Die Fläche, die für den Anbau des (fast vollständig genmanipulierten) Sojas gebraucht wird, entspricht der gesamten Agrarfläche Deutschlands (17,5 Millionen ha)!

Die Folgen: Allein in den letzten Jahren hat Brasilien aufgrund der hohen Nachfrage die Anbaufläche um 2,5 Millionen ha ausgeweitet (etwa der Größe von Mecklenmburg Vorpommern) und Argentinien um die Göße von Sachsen- Anhalt (2 Millionen ha). Und die Größe (und damit Macht!) der einzelnen Betriebe nimmt kontinuierlich zu (Quelle).

In Argentinien werden pro Jahr mehr als 200 Mio Liter Glyphosat verwendet. Das Unkrautvernichtungsmittel tötet auf dem Acker alles außer den genetisch veränderten Pflanzen. Das Gift wird mit Flugzeugen verteilt und sorgt so für eine weiträumige Vergiftung von Boden, Wasser, Biodiversität – und Menschen. (Kleine Frage am Rande: Produzieren Bayer oder BASF eigentlich Glyphosat?)

Ein weiteres Ressourcenthema, das die Beziehungen zwischen Europa und Lateinemerika bestimmt, ist die Nachfrage in Europa nach mineralischen und fossilen Rohstoffen. Merkel hat in Santiago eine Rohstoffpartnerschaft mit Chile unterzeichnet (das Land ist reich an Lithium, Kupfer und anderen Rohstoffen) und plant eine weitere mit Peru. Wir beziehen etwa ein Viertel unserer Steinkohle aus Kolumbien!

Die offizielle Agenda des Gipfels bietet somit wenig Hoffnungsvolles, setzt auf neoliberales Entwicklungsmodell, Zugang zu Rohstoffen und Freihandel. Spannend ist aber doch, dass die Debatten über das „Gute Leben“ („BuenVivir„) in Lateinamerika und die Post-Wachstumsgesellschaft in Europa sehr viel miteinander zu tun haben – aber sie erfordern eben eine ganz andere Partnerschaft zwischen den beiden Kontinenten.

Foto: Cumbre de los Pueblos. Quelle: eigenes Bild

 

 

 


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