Wenn Barack Obama heute Abend im Kongress zur Lage der Nation redet, versprechen sich viele deutliche Worte zur Klimapolitik. Die Erwartungen hat Obama zuletzt selbst geweckt, als er in der Antrittsrede seiner zweiten Amtszeit dem Klimawandel einen großen Stellenwert einräumte („Wir werden auf die Bedrohungen durch den Klimawandel reagieren“).
Drei Eckpeiler umreißen aus meiner Sicht das Spielfeld der Klimapolitik der nächsten Jahre, auf dem Obama seine Agenda umsetzen kann:
- Der Kongress bleibt gespalten. Die Republikaner stellen auf Totalblockade. Der große Wurf für ein umfassendes Klimagesetz bleibt aus.
- Die Klimapolitik konkurriert mit anderen Themen um begrenztes politisches Kapital. Für Obama und die Demokraten sind eine Verschärfung der Waffengesetze, eine Einwanderungsreform und die Lösung des Haushaltstreits die aktuellen Prioritäten.
- Der Klimawandel ist in den USA angekommen. Stürme, Dürren und Fluten machen der Bevölkerung und der Wirtschaft in immer kürzeren Abständen zu schaffen. Eine Mehrheit der Amerikaner fordert, dass endlich gehandelt wird.
Auch wenn ein US-Präsident niemals grün sein kann, regiert doch mit Obama ein Präsident das Land, der den Klimawandel als große Überlebensfrage der Menschheit sieht und sein politisches Handeln danach ausrichten will.
Obama weiß, dass der Kongress blockiert. Will er denn Klimaschutz in seiner zweiten Amtszeit voranbringen, geht das nur über das Ordnungsrecht und die Umweltagentur EPA. Es droht der geballte Widerstand der fossilen Lobby und ihrer Handlanger im Kongress. Deshalb wird Obama die Rede dazu nutzen, seine Anhängerschaft und die Öffentlichkeit auf den Kampf einstimmen, der ansteht. Dafür muss er die Öl-, Kohle- und Gaskonzerne angreifen und die Vorteile einer Energiewende für Main Street America erklären. Denn ohne Rückhalt in der Bevölkerung wird weder der Präsident noch die Umweltagentur schärfere Vorschriften durchsetzen können.
Was kann die Regierung ohne Kongress anschieben? Worauf lohnt es zu achten bei der Rede heute Abend? Lobbyisten fürchten und Umweltschützer hoffen, dass der Präsident neue CO2-Grenzwerte für existierende Kraftwerke ankündigt und das Fracking, also das Bohren nach unkonventionellem Erdgas, regulieren will. Aber auch schärfere Effizienzvorgaben für Elektrogeräte und die Wärmedämmung stehen auf der grünen Wunschliste weit oben.
Dann ist da noch die Keystone-Pipeline. Ob sie genehmigt wird oder nicht, steht symbolisch für die Richtungssentscheidung, ob die USA sich immer weiter ins fossile System einbuddeln oder ob der Weg hin zu einer erneuerbaren-Energien-Ökonomie eingeschlagen wird. Am Wochenende kommen tausende Demonstranten nach Washington DC, um vor dem Weißen Haus für mehr Klimaschutz und gegen die Keystone-Pipeline zu demonstrieren. Obama wird sie heute nicht vor den Kopf stoßen.
Die Rede könnt ihr ab 3h morgens deutscher Zeit live hier verfolgen. Ich schaue mir die Rede mit Freunden und anderen Politsüchtigen im Busboys & Poets an, einem politischen Buchladen in der Nachbarschaft. Und gebe meinen Senf zu dem, was Obama sagt und was er nicht sagt, über Twitter unter @EnergiewendeGER zum Besten.
Foto von 2Tales unter CC BY-SA 2.0.