Energiewende als Familienunternehmen

Eine Replik auf den Gastbeitrag meines Onkels, Dr. Karl Tack, Geschäftsführender Gesellschafter des Familienunternehmenes Gebrüder Rhodius GmbH & Co.KG und Vorsitzender der energiepolitischen Kommission der Vereinigung Familienunternehmer ASU, in der Rheinzeitung 

Lieber Karl,

mit großem Interesse habe ich Deinen Gastbeitrag „Energiewende – Risiko und Chance für den Mittelstand“ gelesen und bin sehr froh zu erfahren, dass die deutschen Familienunternehmen und der deutsche Mittelstand Atomausstieg und Energiewende als unumkehrbar bewerten. Das ist wichtig. Und es ist richtig, dass Ihr Euch in dieser Debatte laut und deutlich zu Wort meldet. Denn bei der Umsetzung der hehren politischen Ziele hakt es derzeit hier im Lande ganz gewaltig. Und hier wird es dann interessant – und hier haben wir dann auch sehr unterschiedliche Bewertungen über die Ursachen der derzeitigen Schieflage.

Du nennst das EEG „Droge und damit Gift  für die Energiewende“. Und mit dieser Auffassung bist du ja nicht alleine. Besonders prominent wurde dieses Argument in den letzten Jahren vor allem über die vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall (größte Mitglieder siehe hier) getragene Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft vorgebracht, die mit ihrer Kampagne „EEG stoppen  – Energiewende machen!“ gehörig zur aktuellen Verunsicherheit und zum Irrglauben in der Deutschen Öffentlichkeit beigetragen hat. Grundlage für die Kampagne war übrigens u.a. eine Studie vom Rheinisch-Wesfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI). Dieses hat bereits in den Beratungen über das amerikanische Klimaschutzgesetz das deutsche EEG zu diskreditieren versucht – u.a. in Kooperation mit einem klimaskeptischen amerikanischen Think Tank und mit finanzieller Unterstützung der Koch-Brüder – Öl- und Chemie-Giganten und bekannte Finanziers von Klimaskeptikern (mehr dazu hier).

Das Argument klingt ja auch zu schön und einfach: die EEG-Umlage als planwirtschaftliches Instrument steigert die Energiekosten ins Unermessliche und führt damit auch zu sozialen Misständen. Hier wird mit Halbwahrheiten und Lügen argumentiert, denn die Fakten sehen anders aus (hier nur eine kleine Auswahl):

1. Der starke Anstieg der EEG-Umlage basiert zu einem Großteil auf den zunehmenden Ausnahmen für die Industrie, die private Haushalte, kleine und mittelständische Unternehmen mitfinanzieren müssen.  Bei dieser Umverteilung geht es um voraussichtlich 4,7 Milliarden Euro im kommenden Jahr. Die Bundesregierung hat hier in den letzten zwei Jahren die Kriterien zur Gewährung von Ausnahmen zweimal abgesenkt. Die Zahl der befreiten Unternehmen wird sich damit in 2013 mehr als verdoppeln. Auf der Liste der befreiten Unternehmen finden sich übrigens auch viele Mitglieder des Gesamtmetall-Verbands sowie die größten Energie- und Agrarkonzerne…

Die Problematik dieser Ausnahmen erwähnst Du ja auch. Aber ich verstehe nicht, warum Du das nur am Rande und in einem Halbsatz tust. Und ich verstehe auch nicht, warum Ihr als Mittelständler und Familienunternehmen in Deutschland der Bundesregierung nicht auf den Füßen steht, um genau diese Ausnahmen zu kippen – anstatt eine Tempodrosselung bei der Energiewende zu fordern. Denn aktuelle klimawissenschaftliche Erkenntnisse mahnen uns alle nicht zu mehr Gemählichkeit an. Die kommenden 5 Jahren sind entscheidend, wenn wir Deutschland, die EU und letztlich die gesamte Weltwirtschaft auf einen klimafreundlichen Pfad bringen wollen. Sollten wir hier Versagen, dann kommt da noch ganz anderer „sozialer Brennstoff“ auf uns zu!

Die Alternative ist nicht ein „wirkungsvoller Emissionshandel“ (zur Debatte um Reform oder Abgesang des EU ETS habe ich an anderer Stelle bereits geschrieben). Denn die Akteure, die auf europäischer Ebene aktuell dafür streiten, das Klima- und Energiepaket für 2030 auf ein einziges Ziel (CO2-Reduktionen) und Instrument (ETS) zu reduzieren, sind genau diejenigen, die ein Interesse an einem Weiter so haben (Shell, E.ON und Co). Und nicht umsonst haben sie sich vorgenommen, das wirkungsvollste Instrument für einen tatsächlichen Wandel – das EEG – zu kippen. Wenn du es ernst meinst mit Deinem Einstehen für die Ziele der Energiewende, dann kannst Du das nicht ernsthaft unterstützen!

2. Der starke Ausbau der Erneuerbaren Energien hat den Strompreis an der Strombörse in den letzten Jahren erheblich gesenkt. Und hieraus ergibt sich nun ein Paradox: je niedriger der Börsenpreis, desto höher die EEG-Umlage (für 2013 macht dass etwa 0,85 Cent pro verbrauchter Kilowattstunde Strom aus). Und dieses Tatsache lässt sich natürlich wunderbar verdrehen und gegen die Erneuerbaren verwenden. Um Deinen Marathon-Vergleich aufzugreifen – auch wenn das vielleicht ein wenig hakt: Das ist in etwa so, als würde die Leistung der schnellsten Läufer als Vorwand dafür genommen, die Strecke für alle Beteiligten zu verlängern, um sie anschließend für das miese Gesamtabschneiden verantwortlich zu machen.

Du sagst: „Die Energiewende, richtig angepackt, kann also für die mittelständisch geprägte deutsche Wirtschaft eine riesige Chance sein.“ Ja, da stimme ich zu. Aber das hat nichts mit Planwirtschaft zu tun, sondern damit, dass Gesetze und Regelungen für alle gelten müssen und nicht nur für die, die sich keine Ausnahmen kaufen können. Nur wenn es Bürgerinnen und Bürgern, Mittelstand und Familienunternehmen sowie der Zivilgesellschaft gemeinsam gelingt, die Politik aus dem Würgegriff der fossilen Großkonzerne und ewig gestrigen Lobbystrukturen zu befreien, kann die Energiewende gelingen. Darin liegt in der Tat eine große Aufgabe für die kommenden Jahre! Ich würde mir wünschen, dass Du mit Deinem Unternehmen und der Vereinigung Die Familienunternehmer ASU dabei mitwirkst.

 

 


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